Value-Investing: Ist das der Auftakt zu einem neuen Narrativ?

5 min zu lesen 15 März 23

2022 war ein gutes Jahr für Value-Investing. Nach mehreren Jahren mit schwacher Wertentwicklung übertraf der Anlagestil den breiteren Markt. Investoren stellen sich angesichts dessen die Frage: Geht das Value-Comeback weiter? Unserer Ansicht nach sprechen mehrere Gründe dafür, dass die Aussichten für Value-Investing gut bleiben – und dass der Markt am Anfang einer neuen Stil-Rotation stehen könnten.

Der Wert der Investments kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst werden.

Value erwies sich 2022 als robust

In den turbulenten Finanzmärkten des Jahres 2022 gehörte der Value-Anlagestil zu den wenigen Lichtblicken. Value-Aktien – also niedrig bewertete und bei Investoren wenig gefragte Unternehmen – erwiesen sich als relativ robust. Sie schnitten deutlich besser ab als der breite Markt. Noch deutlicher übertrafen sie die „Wachstumswerte“, also das Growth-Segment (Abbildung 1). (Von Wachstumswerten wird im Allgemeinen ein überdurchschnittlicher Anstieg der Umsätze und Gewinne erwartet).

Abbildung 1: Value-Comeback: Der Anlagestil übertraf 2022 erstmals seit Jahren das Wachstums-Segment.
Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.
Quelle: MSCI World Value – Growth, Refinitiv Datastream, 31. Dezember 2022.

Im Gegensatz zu unserer Einschätzung als engagierter Value Investor, haben viele Investoren nach vielen Jahren einer unterdurchschnittlichen Wertentwicklung des Value Segments, im Vergleich zum Growth-Anlagestil, Value Titel abgeschrieben. Nach wie vor halten wir die Bewertungen für einen zentralen Anker, um langfristig erfolgreich zu investieren. Während des schwierigen „verlorenen Jahrzehnts“ haben wir geduldig darauf gewartet, dass dies erkannt wird.

Ein Blick zurück

Nachdem aktuell Value wieder in der Gunst der Investoren steht, kommt es darauf an auf das langfristige Potenzial des Anlagestils hinzuweisen. In den letzten Jahren haben teure Wachstumswerte den Markt getrieben. Die Investoren mussten also einfach nur Wachstumstitel kaufen, um den Markt zu übertreffen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch ein anderes Bild: Value-Aktien haben in den 1980er, 1990er und frühen 2000er Jahren eine anhaltend überlegene Wertentwicklung erzielt (Abbildung 2). Value-Investing wurde zu einer etablierten Strategie, weil es über längere Zeiträume und über verschiedene Konjunkturzyklen hinweg seine Stärke bewiesen hat.

Wir halten die schwächere Wertentwicklung des Value-Stils in den letzten zehn Jahren für eine Abweichung. Allerdings hat die jüngere Vergangenheit die Investoren naturgemäß stark geprägt, und die frühere Stärke von Value scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Wir sind überzeugt, dass Value-Investing mehr ist als ein kurzfristiges Phänomen mit gelegentlichen Phasen einer überlegenen Wertentwicklung. Wir sehen im Aufspüren von „unbeachteten“, niedrig bewerteten Aktien das Potenzial für eine langfristig erfolgreiche Strategie.

Abbildung 2: Lehren aus der Geschichte. Die Phase einer schwächeren Wertentwicklung von Value hat die Outperformance der Vergangenheit überschattet.
Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.
Quelle: MSCI World Value – Growth, Refinitiv Datastream, 31. Dezember 2022.

Zeit der Herausforderungen

Wie lassen sich die Aussichten des Value-Investing einschätzen? Eine Möglichkeit ist die Suche nach Antworten, warum Value-Anlagen eine Zeit lang nicht mehr funktioniert haben. Unserer Ansicht nach waren die Maßnahmen nach der Weltfinanzkrise von 2008/2009 einer der Hauptgründe dafür, warum sich Value-Investments in den letzten zehn Jahren unterdurchschnittlich entwickelt haben. Damals griffen die großen Zentralbanken zu Zinssenkungen. Zugleich versuchten sie mit einer Politik der quantitativen Lockerung – also dem Ankauf von Finanzanlagen wie etwa Staatsanleihen – die Wirtschaft anzukurbeln. Während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 intensivierten die Zentralbanken die Maßnahmen dann noch weiter.

Unserer Meinung nach kann der Value-Stil sinkenden Zinssätzen standhalten. Problematisch wurde es jedoch, als die Zinsen auf Null sanken. In diesem Umfeld hörten die Investoren auf, die Bewertungen zu berücksichtigen. Der risikofreie Zinssatz – also der Betrag, den Investoren bei einer Anlage ohne Risiko erwarten können – lag bei 0 %. Angesichts dessen konnten sie die Zahlung hoher Multiplikatoren für Unternehmen rechtfertigen, die als qualitativ hochwertiger und wachstumsstärker angesehen wurden.

Doch die Politik der quantitativen Lockerung war nur eine der Herausforderungen. Auch die Globalisierungstendenzen und den Aufstieg chinesischer Unternehmen sehen wir als Gegenwind für den Value-Stil.

Ein neues Narrativ

Es ist ermutigend, dass die über ein Jahrzehnt lang prägenden Treiber des „Growth“-Anlagestils jetzt auslaufen könnten. Die Zinssätze sind im vergangenen Jahr stark gestiegen, weil die Zentralbanken die hohe Inflation eindämmen wollen. Wir haben zudem eine Kehrtwende hin zu einer quantitativen Straffung der Geldpolitik erlebt: Die Zentralbanken planen, ihre hohen Anleihebestände abzubauen. Es gibt auch Anzeichen für einen Rückzug aus der Globalisierung; das zeigt sich beispielsweise an einer verstärkten Rückverlagerung an nahegelegenere Standorte („Nearshoring“).

Frühere Trends kehren sich um, neue Dynamiken wie etwa die Energiewende entstehen. Dementsprechend wird sich unserer Meinung nach auch das Umfeld für viele Unternehmen verändern. Zu was führen solche Marktverschiebungen? Unserer Einschätzung nach verändern sie oft auch die Wahrnehmung davon, was zu „Value“ und was zu „Wachstum“ gehört.

Unter diesen neuen Vorzeichen könnten die Investoren einen genaueren Blick auf Aktien werfen, die zuvor ignoriert wurden. Umgekehrt könnten sie diejenigen meiden, die zuvor besonders gefragt waren. Value-Titel könnten also die neuen Wachstumswerte werden – und umgekehrt. Die Banken beispielsweise haben nach der Weltfinanzkrise eine harte Zeit durchstehen müssen, mit verstärkter Regulierung und Nullzinsen. In einem Umfeld höherer Zinsen könnte der Sektor eine Wende zum Besseren erleben. Der Energiesektor ist ein weiterer ungeliebter Bereich, trotz der Kursgewinne im letzten Jahr. Er könnte möglicherweise von der robusten Nachfrage und der Energiewende profitieren.

Auf der anderen Seite gaben die Kurse vieler beliebter, großer Technologiewerte („Mega-Caps“) im vergangenen Jahr nach. Angesichts der steigenden Zinsen stellten die Investoren die hohen Bewertungen in Frage. Diese Veränderungen könnten möglicherweise weitergehen. Daher sehen wir am billigsten Ende des Marktes derzeit nicht nur attraktive Gelegenheiten durch die Bewertungen, sondern in vielen Fällen auch attraktive Wachstumschancen.

Breite Palette an Möglichkeiten

Trotz des guten Ergebnisses im letzten Jahr sind wir der Meinung, dass die jüngste Value-Erholung noch nicht abgeschlossen ist. Wir halten die über ein Jahrzehnt andauernde Value-Underperformance nicht einmal annähernd für überwunden. Die Bewertungsspannen zwischen den billigsten und den teuersten Aktien sind im historischen Vergleich nach wie vor sehr groß. Das zeigt Abbildung 3 für den europäischen Markt.

Abbildung 3: Große Kluft zwischen billigen und teuren Aktien in Europa.
MSCI Europa Index: Kurs-Buchwert-Verhältnis zwischen dem 25 % und 75 % - Quantil.
Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar. Informationen können sich ändern und sind keine Garantie für zukünftige Ergebnisse.
Quelle: Refinitiv Datastream, 31. Dezember 2022. Hervorgehobene Balken zeigen Zeiträume an, in denen das Kurs-Buchwert-Verhältnis unterschiedlicher war als gegenwärtig.

Im Laufe des Jahres wird der Markt wahrscheinlich mit einigen großen Problemen zu kämpfen haben: etwa mit dem anhaltenden Krieg in der Ukraine; der Entwicklung der weltweiten Inflation und der Zentralbankpolitik; und der Möglichkeit einer Rezession. Diese Ungewissheiten könnten zu einer gewissen Marktvolatilität führen. Doch als geduldige, bewertungsorientierte Investoren beunruhigt uns dies nicht übermäßig, da wir derzeit eine Vielzahl von Möglichkeiten am Markt sehen.

Bei einer so großen Bandbreite an potenziellen Ergebnissen wird es sehr wichtig sein, ein sehr ausbalanciertes Portfolio zusammenzustellen. Angesichts der großen Bewertungsspannen und des ermutigenden Hintergrunds für den Value-Stil haben wir jedoch eine klare Meinung: Wir können weiterhin ein diversifiziertes, gut ausgewogenes Portfolio zusammenstellen – mit sehr attraktiven Bewertungsprofilen und soliden Fundamentaldaten.

Value-Fokus bei M&G

Bei M&G ist die Suche nach Value die Grundlage unseres Anlageansatzes. Wir halten Bewertungen für ein Schlüsselelement, um gute Anlagegelegenheiten zu identifizieren. Ein disziplinierter Fokus darauf ist unserer Ansicht nach wesentlich, um Vermögenswerte zu finden, deren wahrer Wert vom Markt falsch eingeschätzt wird.

Wir verfügen über umfangreiche Erfahrung und großes Know-how, um in verschiedenen Märkten und Anlageklassen unterbewertete Titel zu finden. Wir bieten regionale und globale Value-Aktienstrategien an, die ausschließlich in niedrig bewertete Unternehmen investieren, die als fehlbewertet gelten. Zudem managen wir eine Reihe von Aktien- und Multi-Asset-Strategien mit einem strikten Fokus auf Bewertungen, um attraktiv bewertete oder unterschätzte Anlagen zu identifizieren.

 

Der Wert der Vermögenswerte des Fonds und die daraus resultierenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben.

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