Anleihen
6 min zu lesen 11 Mai 23
Ben Lord managt bei M&G die Global Corporate Bond Strategie und ist der Ansicht, dass Investment-Grade-Unternehmensanleihen (IG) derzeit eine seltene Gelegenheit darstellen kann. Üblicherweise bieten die Titel ein geringeres Risiko und niedrigere Renditen; jetzt könnten sie bessere Aussichten eröffnen als andere Anlagen.
Der Schwerpunkt von M&G auf fundamentales Research bei Unternehmensanleihen hat dazu beigetragen, diese Opportunitäten zu identifizieren, von der der Fondsmanager glaubt, dass sie den Investoren höhere Renditen bieten können als üblicherweise erwartet. Als Basis dafür kann die Research-Stärke der M&G-Kreditanalysten dienen: Ben Lord hält dies für einen sehr wichtigen Unterschied der M&G von anderen Anbietern in diesem Bereich abhebt.
Er und sein Team suchen weiterhin nach interessanten Anlagemöglichkeiten auf dem Markt für IG-Unternehmensanleihen. Sie sind überzeugt, dass ihnen Volatilität in der derzeitigen Situation attraktive Perspektiven eröffnet.
Ben Lord: Wir halten die Zeit für reif, um in Investment-Grade-Titel zu investieren. Denn wir werden derzeit sehr gut für Ausfallrisiken entlohnt – um mindestens Faktor 2 höher als bei den höchsten Ausfallraten, die wir im Investment-Grade-Bereich je erlebt haben.
Normalerweise würden wir angesichts unserer Ausfallerwartungen im Investment-Grade-Markt nicht mit so guten Konditionen rechnen. Hinzu kommt, dass die Inflation in den letzten beiden Jahren durchaus auch positive Effekte für die Unternehmen hatte. Solange Firmen ihre Kreditaufnahme nicht im gleichen oder höheren Maße steigern müssen wie die Inflationsrate, wird ihre Kreditwürdigkeit nicht schlechter, sondern besser.
Unserer Einschätzung nach sind die Unternehmen gegenwärtig in einer guten Verfassung. Daher sind wir überzeugt, dass wir für jede realistische Erwartung von Zahlungsausfällen überkompensiert werden. Außerdem ist die Rendite von IG-Unternehmensanleihen eine Kombination verschiedener Faktoren: der zugrundeliegenden Renditen von Staatsanleihen, des risikofreien Zinssatzes, der Credit Spreads und der Risikoprämie.
Nehmen wir beispielsweise an, dass Vodafone heute eine Anleihe mit zehn Jahren Laufzeit auflegt. Man nimmt die zehnjährige Rendite – also den risikofreien Zinssatz – und addiert die zehnjährige Risikoprämie von Vodafone, also den Kreditaufschlag. Dann erhält man den Kupon, den das Unternehmen zahlen muss.
An den Renditen gefällt mir gegenwärtig, dass es ein Element der Absicherung gibt. Ich würde eine negative Korrelation zwischen dem risikofreien Zinssatz und der Risikoprämie erwarten. Die Aussichten sind günstig, und die Spreads sind fair bewertet. Zudem bietet die Kombination von risikofreiem Zins und Risikoprämie einen Diversifizierungsvorteil bei IG-Unternehmensanleihen.
Ben Lord: Einen Unterschied sehe ich gerade in diesem Markt darin, dass wir immer an den Wert der fundamentalen Kreditanalyse geglaubt haben. Diese führt unserer Ansicht nach zu positiven Ergebnissen für die Investoren. Bei M&G verfügen wir über ein sehr starkes, erfahrenes und großes Team fundamentaler Kreditanalysten. Das Team deckt Gesamteuropa ab, das einen großen Teil des globalen Investment-Grade-Universums ausmacht. In zunehmendem Maße arbeiten unsere Experten auch in Chicago und Singapur.
Wir haben in den letzten fünf Jahren in den Ausbau der globalen Reichweite unserer fundamentalen Kreditanalysten investiert. Warum ist das auf diesem Markt so wichtig? Weil wir eine wirklich signifikante Streuung der Spreads feststellen. Nehmen Sie zum Beispiel Anleihen mit einem Triple-B-Rating, wo ich derzeit die besten Chancen sehe. Ob Sie einen bestimmten Sektor oder das gesamte Triple-B-Universum betrachten: Sie finden vielleicht einige Titel, die zu Staatsanleiherenditen plus 75 gehandelt werden; Sie finden jedoch auch Titel mit plus 700.
Es gibt also eine enorme Streuung der Spreads innerhalb des Investment-Grade-Universums. Das bietet uns als Unternehmen mit großen, starken und erfahrenen Analystenteams eine viel größere Chance für die Schaffung von Mehrwert, als wir es seit vielen Jahren gesehen haben. Ich würde das Analystenteam ganz oben auf die Liste der Unterscheidungsmerkmale von M&G setzen, besonders zu diesem Zeitpunkt des Zyklus.
Ben Lord: Die Hauptchancen könnten die attraktiven Renditen von Unternehmensanleihen sein. Investment-Grade-Kredittitel haben das Potenzial, bei ungefähr 3,5 % in Euro und 7,5 % in Pfund Sterling und US-Dollar zu rentieren. Das ist die größte Chance. Hinzu kommen die Absicherungseigenschaften oder der Diversifizierungsvorteil zwischen dem risikofreien Zinssatz und der Risikoprämie, die in einer IG-Unternehmensanleihe kombiniert sind. Diese sehen bei den aktuellen Niveaus für uns als Investoren wirklich lohnenswert aus.
Meiner Meinung nach könnten wir über mehrere Jahre hinweg Renditen im mittleren bis hohen einstelligen Bereich erzielen. Voraussetzung: Es kommt nicht zu einem sehr schnell wirkenden exogenen Schock. Wir haben bereits gesehen, dass es im Jahr 2023 eindeutig zu Volatilität kommt. Im Moment befinden wir uns auf dem Höhepunkt der Kursverschärfung der Zentralbanken.
Darüber hinaus gibt es eine große Debatte darüber, ob uns eine Rezession ins Haus steht oder nicht. Das heizt die Volatilität zusätzlich an. Besonders für aktive Manager ist diese erhöhte Volatilität eine Herausforderung, und sie bedeutet sowohl Risiken als auch Chancen. Tatsächlich sehen wir darin viele Gelegenheiten, und wir sind sehr gut aufgestellt, um sie zu nutzen.
Wie schätze ich die Entwicklung des Marktes im Jahr 2023 ein? Meiner Meinung nach läuft der Verzögerungseffekt zwischen geldpolitischen Maßnahmen und der Reaktion der Realwirtschaft bald aus. Ich erwarte, dass sich die Wirtschaftsdaten abschwächen und die Wachstumszahlen sinken werden. Daher rechne ich weiterhin damit, dass sich die Aufmerksamkeit der Investoren bald verstärkt auf die Rezessionsgefahr richten wird. Es mag seltsam klingen, dass ein Fondsmanager für Unternehmensanleihen den Sektor positiv bewertet, wenn er mit einer Rezession rechnet. Doch wir schätzen die Ausgangslage bei den Spreads als fair ein – und den Startpunkt bei den Renditen von Unternehmensanleihen als wirklich attraktiv.
Bei einer Verlangsamung der Wirtschaft erwarte ich eine gewisse Ausweitung der Spreads; zugleich könnten wir dann fallende Renditen bei risikofreien Staatsanleihen sehen. Ich halte die Chancen für gut, dass dieser Rückgang der risikofreien Zinsen die Ausweitung der Spreads überkompensiert. Es gibt so viele Erwartungen hinsichtlich einer bevorstehenden Rezession, dass sich dies meiner Meinung nach bereits in den Spreads widerspiegelt.
Es gibt ein Risiko für diese Sichtweise: Die Zentralbanken sagen uns, dass sie die Zinssätze länger in einem restriktiven Bereich halten werden, als wir es in den letzten 15 Jahren gewohnt waren. Sobald in den letzten eineinhalb Jahrzehnten etwas Schlimmes passiert ist, haben die Zentralbanken die Zinsen gesenkt und die geldpolitischen Bedingungen gelockert. Sie sagen uns, dass sie angesichts der aktuellen Inflation dieses Mal anders reagieren werden: Sie werden die Zinsen hoch und restriktiv halten, um die Inflation zu senken. Tatsache ist: Wir wissen nicht, wie sich die Straffung der Geldpolitik in den Jahren 2021-22 und Anfang dieses Jahres auf die Wirtschaft auswirken wird. Wir müssen einfach abwarten, beobachten und reagieren.
Ich gehe fest davon aus, dass die Geldpolitik immer noch funktioniert. Angesichts der Veränderungen auf den Hypothekenmärkten wirkt sie allerdings mit einer längeren Verzögerungszeit als bisher. Ich bezweifle jedoch, dass die Zentralbanken die Zinssätze wirklich sehr lange restriktiv halten können – selbst wenn es zu einem Abschwung kommt.
Für die Zentralbanken könnte es dann sehr, sehr ungemütlich werden. Denn sie versuchen, die Inflation wieder auf das Zielniveau zu bringen. Das geht jedoch nicht, wenn die Löhne in den USA um 4,5 % und im Vereinigten Königreich um 6,5 % steigen; Kontinentaleuropa liegt irgendwo in der Mitte. Zum Erreichen des Inflationsziels müssten die Löhne sinken, und das könnte zwei Gründe haben: Entweder steigt die Arbeitslosigkeit, oder die Unternehmen können die Lohnerhöhungen nicht weitergeben. Und wenn man davon ausgeht, dass die Zentralbanken ihre restriktive Politik während des Abschwungs beibehalten werden? Dann müsste man zugleich damit rechnen, dass sie die weltweiten Arbeitsplatzverluste bewusst hinnehmen würden – ohne den Schlag abzumildern und die Wirtschaft trotzdem anzukurbeln. Meiner Meinung nach würden sie dies nicht durchhalten können, weshalb sie mit Zinssenkungen beginnen müssten. Wahrscheinlich hätten die Zentralbanken die Zinsen im Jahr 2021 früher und aggressiver anheben sollen.
Ich möchte auch die Attraktivität globaler Investment-Grade-Fonds gegenüber Sterling- oder Euro-IG-Fonds hervorheben. Die Weltwirtschaft desynchronisiert sich. Das eröffnet globalen Managern Chancen, da Entwicklungen in verschiedenen Regionen zu unterschiedlichen Zeiten ablaufen. Darüber hinaus gibt es bei den verfügbaren Credit Spreads regional immer relative Wertchancen.
Ben Lord ist seit 2007 bei M&G beschäftigt. Seit ihrer Einführung im September 2013 managt er die M&G Global Corporate Bond Strategie. Zudem managt er die M&G UK Inflation Linked Corporate Bond Strategie und ist Co-Manager der Corporate Bond und Strategic Corporate Bond Strategien. Bevor er zu M&G kam, arbeitete er als Kreditanalyst für globale Finanzinstitute bei Gordian Knot. Ben hat einen MA (Hons) von der University of Edinburgh und ist CFA-Charterholder.
Der Wert der Vermögenswerte des Fonds kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen kann, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst werden.