Warum der Anleihemarkt für uns derzeit sehr attraktiv aussieht

4 min zu lesen 21 Nov. 22

Ich halte es für falsch, dass die Zentralbanken die Abkehr von ihrer expansiven Geldpolitik so spät eingeleitet haben. Doch wir sind zuversichtlich, dass sie die Inflation wieder einfangen können. Angesichts der aktuellen Renditen investieren wir in Unternehmensanleihen.

Meine Aufgabe würde ich in wenigen Worten so zusammenfassen: Sie besteht darin, Chancen bei Marktverzerrungen oder Anomalien zu erkennen, die durch einen falschen wirtschaftlichen Konsens oder aus technischen Gründen entstanden sind. Und wenn ich das heute für meinen Tätigkeitsbereich beschreiben sollte, der Bondmärkte und Unternehmensanleihen umfasst? Dann würde ich sagen, dass es derzeit viele solcher Gelegenheiten gibt – wahrscheinlich mehr als während der letzten zehn Jahre.

Eine Zeit lang haben wir im Portfolio äußerste Vorsicht walten lassen. Jetzt haben wir die Duration so weit erhöht, dass sie in etwa derjenigen unseres Referenzindexes entspricht. Damit hat sie den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt erreicht. Wir sind fest davon überzeugt, dass sich die Geldpolitik als wirksam erweisen wird und die Zentralbanken die hohe Inflation überwinden können.

Eine „T-förmige“ Erholung

Wie verbreitet ist die Inflation? Und woher kommt sie? Zunächst einmal können wir feststellen, dass sie ein globales Phänomen ist, auch wenn die gegenwärtigen Preissteigerungen die Industrieländer am stärksten betreffen. Zudem ist die Inflation das Ergebnis der letzten Runde geldpolitischer Anreize. Auch wenn diese aus einer anderen Epoche zu stammen scheinen, ist es in Wirklichkeit erst gut zweieinhalb Jahre her, dass sie im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auf der Bildfläche erschienen.

Die damaligen Wirtschaftsprognosen gingen von V-, W- oder sogar L-förmigen Szenarien aus. Tatsächlich verlief der Aufschwung jedoch T-förmig: Die Wirtschaft sprang sofort wieder an und normalisierte sich anschließend rasch. Doch die Zentralbanken glaubten, dass die Inflation für immer verschwunden sei. Darum hielten sie auch dann noch an ihrer expansiven Geldpolitik fest, als dies nicht mehr notwendig war. Ich halte das für einen historischen Fehler!

Die gute Nachricht ist: Wenn die Zentralbanken Inflation erschaffen können, dann können sie diese auch in den Griff bekommen – indem sie eine restriktive Politik betreiben, die Zinssätze erhöhen und die verfügbare Geldmenge verringern. Die Wirtschaftswissenschaft betrachtet die Inflation als ein rein monetäres Phänomen.

Ein attraktiver Markt

Die Anleger müssen jedoch ein wenig Geduld mitbringen. Im Durchschnitt dauert es 18 Monate, bis eine geldpolitische Straffung ihre volle Wirkung entfaltet. Diesmal wurde der Preisauftrieb durch den Krieg in der Ukraine und die dadurch ausgelösten Währungsschwankungen zusätzlich angeheizt.

Ich halte den Anleihemarkt für sehr attraktiv: Denn die Inflation dürfte sich wieder der von den Zentralbanken angestrebten Marke von 2 % nähern, und die Renditen sind in letzter Zeit in die Höhe geschossen.

Es ist klar, dass Anleihen mit negativen Renditen wenig Aufwärtspotenzial geboten haben. Heute jedoch ist es sinnvoll, Anleihen aufgrund ihres Risiko-Ertrags-Profils zu halten. Und ich spreche hier von konventionellen Anleihen. Indexgebundene Papiere scheinen bei den derzeitigen Break-even-Inflationsniveaus weniger attraktiv zu sein, zumal sie weniger liquide und damit volatiler sind.

Investment-Grade- und Hochzinsanleihen

Wir halten den Markt für Unternehmensanleihen für vertrauenserweckend. Anleihen preisen derzeit eine schwere Rezession ein, die sich belastend auf die Unternehmensgewinne auswirken würde – eine Sichtweise, der wir nicht folgen. Der Arbeitsmarkt ist ein ausgezeichneter Gradmesser für den Zustand der Wirtschaft. Unserer Meinung nach ist er in einer besseren Verfassung, als allgemein angenommen wird. Marktbeobachter in den USA und Europa neigen dazu, gute Nachrichten zu ignorieren.

Im Portfolio haben wir Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Ratings übergewichtet; dasselbe gilt bei Hochzinsanleihen. Die gebotenen Renditen wiegen unserer Meinung nach jedes Kreditrisiko auf. Die Unternehmen sind relativ gering verschuldet. Daher sollten sie die bevorstehenden Zinserhöhungen unserer Einschätzung nach überstehen können. Natürlich wird es einige Zahlungsausfälle geben; wir glauben jedoch, dass es weniger sein werden als vom Markt erwartet. Wenn eine ohnehin schon schwache Wirtschaft weiter schrumpft, häufen sich die Zahlungsausfälle. Der Schaden ist jedoch weitaus geringer, wenn der Abschwung eine starke Wirtschaft trifft. Mit anderen Worten: Ein Temperatursturz von 30 auf 25 Grad ist leichter zu verkraften als einer von 5 Grad auf unter den Gefrierpunkt.

Der Wert der Vermögenswerte eines Fonds kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen kann, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst werden. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.

von Richard Woolnough

Der Wert der Vermögenswerte des Fonds und die daraus resultierenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben.

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