Neuer Zollstreit, US-Bankenbeben und neue Regierungskoalition in Japan

5 min zu lesen 22 Okt. 25

Die Finanzmärkte stehen derzeit unter dem Einfluss dreier bedeutender Ereignisse: Die Eskalation im Handelskonflikt zwischen den USA und China sorgt für neue Unsicherheit, während Turbulenzen im US-Regionalbankensektor Erinnerungen an frühere Krisen wecken. Gleichzeitig entsteht in Japan eine neue Regierungskoalition unter Sanae Takaichi.

Donald Trump schwingt erneut die Zollkeule

Der US-Präsident Donald Trump hat jüngst neue Zölle von 100 % auf chinesische Importe ab dem 1. November angekündigt, nachdem China die Zügel bei den Ausfuhren von seltenen Erden angezogen hatte. Die Märkte reagierten mit einem kurzen Einbruch auf die Nachricht, konnten sich jedoch relativ schnell wieder stabilisieren, nicht zuletzt, da Trump seine Rhetorik dämpfte und zuletzt wieder freundlichere Töne gegenüber China anschlug. China dagegen scheint sich seinerseits nicht einschüchtern zu lassen und ist offenbar bereit, den Handelskrieg fortzusetzen, wenn nötig. Die Rhetorik Chinas erscheint zwar relativ scharf und bestimmt, lässt allerdings immer eine Tür für ein versöhnliches Ergebnis offen.

Wie beurteilen die Marktteilnehmer die erneute Eskalation zwischen den USA und China? Der unmittelbare Einbruch am Aktienmarkt infolge der Zoll-Nachricht ist in China doch deutlich höher ausgefallen als in den USA. D. h. die Marktteilnehmer scheinen wohl davon auszugehen, dass die chinesische Wirtschaft stärker unter den Zöllen und einer erneuten Eskalation des Handelskriegs leiden dürfte. Angesichts der innenpolitischen Probleme der US-Regierung, dürfte es kaum im Interesse von Donald Trump sein, die Bevölkerung durch einen erneut eskalierenden Handelskrieg mit China noch weiter zu verunsichern und sich somit eine weitere Baustelle zu schaffen. Die Tatsache, dass sowohl die USA als auch China die Tür für Verhandlungen weiterhin offen halten, lässt vor diesem Hintergrund auf eine für beide Seiten tragbare Einigung hoffen. 

Neues Beben im US-Regionalbankensektor löst weiteren Kurseinbruch aus

Kaum hatten die Aktienmärkte die Zollnachricht verdaut und sich stabilisiert, da sorgte eine neue Negativmeldung für erneute Volatilität. Und zwar gab die US-Regionalbank Zions Bancorporation bekannt, Verluste von 50 Mio. US-Dollar aufgrund zweier Kredite verbucht zu haben (Sie haben richtig gelesen: es geht um 50 Millionen, nicht Milliarden). Zudem wurden in diesem Zusammenhang Betrugsvorwürfe laut. Neben Zions soll in diesem Zusammenhang auch Western Alliance betroffen sein. Obwohl es sich bei den betreffenden Instituten um Leichtgewichte des US-Bankensektors handelt (beide Banken haben eine Marktkapitalisierung von unter 10 Mrd. US-Dollar), hat die Meldung auch die Kurse der Großbanken in den USA und daraufhin sogar die Aktienmärkte in Asien und Europa zumindest kurzfristig ins Wanken gebracht. Nach den Erfahrungen mit der Regionalbankenkrise im Jahr 2023 scheinen Investoren demnach ziemlich sensibel auf negative Nachrichten aus dem Finanzsektor zu reagieren. Es besteht die Sorge, dass diese Ereignisse aufgrund der als zu lasch wahrgenommenen Kreditvergabestandards in den USA nur die Spitze eines potenziellen Eisbergs sein könnten.

So nervös, wie die Märkte derzeit auf negative Nachrichten reagieren, so schnell scheinen sie sich jedoch davon auch wieder zu erholen. So blieb es bislang auch hier lediglich bei einem kurzen Rücksetzer an den Aktienmärkten. Sollte es in diesem Zusammenhang zu weiteren Negativmeldungen kommen, die darauf hindeuten, dass in den Bankbilanzen möglicherweise doch größere Probleme schlummern, könnte es jedoch durchaus ungemütlich werden. Dieses Thema sollte man daher weiter im Auge behalten.

Japan: Neue Regierungskoalition, aber keine strukturelle Veränderung

Ein weiteres Ereignis der letzten Wochen spielte sich in Japan ab, wo Sanae Takaichi zur Präsidentin der liberalen Partei LDP und letztendlich auch zur Premierministerin Japans gewählt wurde. Der Weg dahin war jedoch mit Unsicherheiten behaftet. So führte die Wahl Takaichis zur Präsidentin der LDP zunächst zu einem Bruch mit dem langjährigen Koalitionspartner Komeito. Erst mit Verzögerung konnte die LDP unter Takaichi mit der „japanischen Erneuerungspartei“ JIP einen neuen Koalitionspartner finden und somit die Unsicherheit relativ schnell aus dem Markt nehmen.

Sanae Takaichi steht grundsätzlich für eine expansive Wirtschaftspolitik, d. h. für Staatsausgabenprogramme und Steuersenkungen. Zudem steht sie den Zinserhöhungen der japanischen Zentralbank kritisch gegenüber. Mit der JIP hat die LDP nun einen neuen Koalitionspartner, der ebenfalls eine expansive, aber auch eine konservativ liberale Wirtschaftspolitik verfolgt. So steht die JIP für einen schlanken Staat. Damit dürften zumindest einige ausgabenorientierte Programmpunkte der LDP zwar leichter durchzusetzen sein als mit dem alten Koalitionspartner, einen Freifahrtschein dürfte Takaichi jedoch nicht haben. Was auf der einen Seite positiv für die Konjunktur sein dürfte, könnte auf der anderen Seite über kurz oder lang aufgrund der ohnehin bereits angespannten Haushaltslage zu Turbulenzen am japanischen Staatsanleihemarkt – vor allem am langen Ende der Zinskurve – führen. Bislang blieb die Marktreaktion auf der Währungs- und Anleiheseite jedoch relativ moderat.

Der Aktienmarkt reagierte dagegen sehr positiv auf die Nachricht über die neue Koalition. So konnte der Nikkei 225 am Tag der Nachricht in Anbetracht der gesunkenen Unsicherheit und einer zu erwartenden expansiven Fiskalpolitik um über 3 % zulegen. Aus unserer Sicht wird die neue Koalition mit keinen größeren strukturellen Veränderungen einhergehen. Der strukturelle Wandel in der japanischen Wirtschaft mit einer aktionärsorientierteren Unternehmenskultur, steigenden Margen und steigenden Eigenkapitalrenditen dürfte sich somit weiter fortsetzen. Der japanische Aktienmarkt bleibt damit aus unserer Sicht langfristig sehr aussichtsreich.

 

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