Ist Value weiterhin chancenreich?

5 min zu lesen 19 Okt. 23

Das Comeback des Value-Sektors im Jahr 2022 nach mehr als einem Jahrzehnt der Schwäche ließ hoffen, dass diese Dynamik auch in den Folgejahren anhalten würde. Während die Hoffnung auf den ersten Blick wie eine Illusion erscheint, gibt es bei näherer Betrachtung unserer Meinung nach deutliche Anzeichen dafür, dass die lang erwartete Renaissance des Value in vielen globalen Märkten tatsächlich im Gange ist.

Der Wert der Vermögenswerte des Fonds und die daraus resultierenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage fallen und steigen kann. Es gibt keine Garantie dafür, dass der Fonds sein Ziel erreichen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst werden.

Zurück in die Zukunft für Wachstums-Titel?

Betrachtet man die Performance von Value versus Growth (siehe Abbildung 1), so entsteht der Eindruck, dass das Jahr 2022 kaum mehr als eine kurze Verirrung war. Danach scheinen sich die vorherrschenden Trends des vergangenen Jahrzehnts wieder durchgesetzt zu haben und jeder Funke eines Regimewechsels erloschen zu sein. 

Es steht außer Frage, dass auf Indexebene die Unterschiede zwischen Growth und Value in den ersten sieben Monaten des Jahres erheblich waren. Der MSCI World Value Index hat eine respektable Rendite von 8 % erzielt, die jedoch von der 31%igen Rendite des MSCI World Growth Index in den Schatten gestellt wird. Und das in einem Umfeld, in dem die Zinsen in den meisten Industrieländern weiter gestiegen sind.

Abbildung 1: MSCI World Value vs. Growth

Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.

Quelle: MSCI, Stand: 31. Juli 2023, auf USD lautend

Was ist also die Ursache für diese fulminante Rückkehr des Growth-Sektors? Erleben wir eine Rückkehr zu den Trends, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, oder ist es etwas Neues? Betrachtet man den Umfang und die Zusammensetzung der Renditen, die die Wachstumsindizes antreiben, so deuten die Trends nicht darauf hin, dass wir uns wieder in der Ära des „reinen Growth“ befinden. Vielmehr ist eine kontinuierliche Verringerung der Titelauswahl zu beobachten, die positiv zu diesem Trend beitragen. Dieser Effekt wurde bisher durch die überdurchschnittlichen Renditen einiger weniger Titel weitgehend ausgeglichen, die aufgrund ihrer Größe auch den Gesamtindex dominieren. 

Es ist viel über die geringen Erträge in diesem Jahr geschrieben worden, insbesondere in den USA. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn wir uns die Konstruktion der Wachstumsindizes ansehen. Auf die 10 größten Unternehmen im MSCI World Growth Index entfallen inzwischen knapp 40 % des Gesamtindex und fast 20 % des breiteren MSCI World Index (siehe Abbildung 2). Diese 10 Titel haben seit Jahresbeginn im Durchschnitt eine atemberaubende Rendite von 79 % erzielt, so dass der Rest des Universums nur wenig dazu beitragen konnte.

Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.

Abbildung 2: Die 10 wichtigsten Unternehmen, die die Indizes dominieren

 

MSCI World Growth Index Gewichtung in %

MSCI World Index Gewichtung in %

Wertentwicklung
Lfd. Jahr in %

Apple

10,16

4,93

51,6

Microsoft

7,76

4,07

40,7

Amazon

4,3

2,28

59,1

Nvidia

3,77

1,95

219,8

Alphabet A

2,58

1,36

50,4

Tesla

2,49

1,25

117,1

Alphabet C

2,34

1,23

50,0

Meta

2,31

1,22

164,8

Visa

1,26

0,68

14,4

Eli Lily

1,20

0,63

25,0

Insgesamt

37,91

19,60

 

Quelle: MSCI, 31. Juli 2023

Growth wird zu Value, dann wieder zu Growth

Ein weiteres interessantes Merkmal des Growth-Index ist die Aufnahme bestimmter Aktien. Die Einteilung von Aktien in Value- oder Growth-Titel ist eine endlose Debatte. Es ist jedoch interessant festzustellen, dass sowohl Meta als auch Alphabet, zwei der größten Werte im MSCI World Growth Index, während des gesamten Jahres 2023 im Index waren. Im Falle von Meta führte die deutliche Abwertung in den letzten 18 Monaten dazu, dass die Aktie mit dem fast 10-fachen der zukünftigen Gewinne gehandelt wurde. Angesichts dieses Multiplikators fällt es schwer, nicht von einem fantastischen Wert zu sprechen.

Alphabet ist ein ähnliches Beispiel: Die Aktie wurde bis Mitte Januar mit mehr als zwei Standardabweichungen unter ihrem langfristigen durchschnittlichen Gewinnmultiplikator gehandelt, bevor sie eine sehr gute Performance erzielte. Vielleicht ist das dadurch zu erklären, dass ein Teil des Erfolgs von Growth in diesem Jahr von Value übernommen wurde?

Die Value-Renaissance geht weiter

Obwohl auf den ersten Blick der Eindruck entsteht, dass Value wieder einmal in der Versenkung verschwunden ist, finden wir bei näherer Betrachtung immer mehr Beweise dafür, dass dies nicht der Fall ist. 

Lässt man die inhärenten Verzerrungen und Nuancen beiseite, die mit der Indexkonstruktion einhergehen, und konzentriert sich stattdessen auf die reinen Faktoren, ergibt sich ein ganz anderes Bild bei der Performance von Value im Vergleich zu Growth (siehe Abbildung 3). Value ist weit davon entfernt, auf der Strecke zu bleiben, und liegt in den meisten Märkten außerhalb der USA vor Growth, in einigen Fällen sogar mit deutlichem Abstand. 

Abbildung 3: Bloomberg Factor Performance - long / short, sektorneutralisierte, gleich gewichtete Portfolios

Faktor

S&P 500 Index

STOXX Europe 600 Index

TOPIX Index

Bloomberg Emerging Markets Index

Growth

5,95

-1,32

-7,07

-6,11

Value

-5,90

4,75

19,14

11,21

Quelle: Bloomberg, 18. August 2023

Japan, das seit langem als eine der großen Value-Fallen gilt, hat sich bei diesem Stil besonders hervorgetan. Seit einiger Zeit beobachten wir ein zunehmendes Bewusstsein sowie Maßnahmen japanischer Unternehmen zur Verbesserung der Corporate Governance und der Aktionärsrenditen. Eine Ankündigung der Tokioter Börse vom Februar hat das Tempo des Wandels noch weiter erhöht. Demnach hat sie insbesondere Unternehmen, die zu weniger als dem 1-fachen Kurs-Buchwert-Verhältnis gehandelt werden, aufgefordert, sich stärker auf eine nachhaltige Verbesserung der Renditen zu konzentrieren. Die Tatsache, dass etwa die Hälfte des japanischen Marktes derzeit unter der Schwelle des 1-fachen Kurs-Buchwert-Verhältnisses gehandelt wird, ist auch den globalen Investoren nicht entgangen.

Obwohl Japan bei Value eine herausragende Rolle spielt, wurde es von anderen Regionen gut unterstützt. Während der starke Anstieg der Kapitalkosten im Jahr 2022 der Auslöser für den Turnaround von Value war, wurde dieser Turnaround unserer Ansicht nach auch durch eine Reihe anderer Faktoren unterstützt, von denen einige entweder neu entstanden sind oder sich seit der Pandemie beschleunigt haben. 

Die Beschleunigung der globalen Energiewende durch die Anreize der USA, Russlands Krieg gegen die Ukraine, Chinas Versuche, seinen Immobilienmarkt neu zu strukturieren, oder der ungleichmäßige Ausstieg der Volkswirtschaften aus der COVID-Pandemie: All diese Faktoren tragen dazu bei, dass sich die relative Attraktivität vieler Aktien verändert.

Während wir in den letzten zehn Jahren ein hohes Maß an Einzigartigkeit bei den Triebkräften für die Wertentwicklung auf den globalen Aktienmärkten und innerhalb dieser Märkte beobachten konnten, sehen wir heute zahlreiche Verwerfungen. Wir sind der Meinung, dass dies eine breitere Basis an Möglichkeiten schafft, um Alpha zu generieren. Dies trägt somit dazu bei, gleiche Bedingungen für aktive Value-Investoren zu schaffen, die versuchen, die überdurchschnittliche Performance einer konzentrierten Anzahl von Mega-Cap-Wachstumswerten auszugleichen. 

Wird die drohende Rezession Value entgleisen lassen?

Da die Zinssätze in den letzten zehn Jahren, gestützt auf das Narrativ der säkularen Stagnation, immer weiter fielen, änderte sich auch die Risikowahrnehmung der Investoren im Vergleich zu früheren Zeiten. 

Infolgedessen änderten sich die Wertentwicklungsmuster von Aktien, die entweder als „Value“ oder als „risikoreich“ eingestuft wurden. Sie mussten in Zeiten der Konjunkturschwäche wesentlich stärkere Kursverluste hinnehmen, gefolgt von einer stärkeren Performance in Zeiten der wirtschaftlichen Erholung. 

Value verfügt über viele defensive Bereiche, die in der Vergangenheit in Zeiten wirtschaftlicher Schwäche einen Puffer für zyklische Value-Aktien gebildet haben. In den letzten zehn Jahren war diese Dynamik jedoch nicht stark genug, um die Performance von Wachstumswerten mit langer Duration auszugleichen, die durch immer niedrigere Zinssätze unterstützt wurden. 

Im letzten Jahr haben sich die Zinssätze auf ein Niveau normalisieret, das seit zehn Jahren nicht mehr erreicht wurde und die Bewertungsstreuungen verharren auf oder nahe historischen Höchstständen. Das bietet unserer Meinung nach das Potenzial, dass die natürliche Diversifizierung, die innerhalb von Value besteht, eine größere Rolle spielt. 

Wir könnten anführen, dass viele zyklische Value-Titel bereits für eine Rezession eingepreist sind. Doch wir sehen die Chance, dass defensive Value-Titel nicht nur als natürliche Absicherung gegen eine zyklische Schwäche fungieren, sondern auch als Quelle der Diversifizierung, falls die Zinsen auf einem normaleren Niveau bleiben und wir eine Verengung der Bewertungen sehen. 

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