High Yield
7 min zu lesen 9 Feb. 24
"Die Kreditnehmer haben sich weitgehend um ihre Verschuldungsstruktur gekümmert. Das hat die Absicherung für die nahe Zukunft verbessert und das Ausfallrisiko gemindert.“
Viele Anlageklassen konnten sich diesen Risiken nicht entziehen. Inmitten dieser Herausforderungen waren europäische Kredite ein seltener Lichtblick: Sie waren von den Ereignissen nur sehr wenig betroffen. Mit Renditen von über 12 % seit Anfang 2023 haben European Loans andere Kredit-Assetklassen übertroffen und bieten eine stabilere Wertentwicklung. Darüber hinaus gab es in den 12 Monaten nur einen Monat mit negativen Renditen. Daher steht unter dem Strich die bislang dritthöchste Jahresrendite.1 Diese Performance ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen: auf die
defensive Zusammensetzung des Kredituniversums, seine variable Zinsstruktur und das Fehlen eines direkten Engagements in Banken oder Konfliktregionen. Die Kreditnehmer haben sich weitgehend um ihre Verschuldungsstruktur gekümmert. Das hat die Absicherung für die nahe Zukunft gestärkt und das Ausfallrisiko gemindert. In diesem Beitrag gehen wir näher auf die Faktoren ein, die diesen defensiven Charakter prägen, und geben unseren Ausblick für 2024.
Das dritte Quartal 2022 markierte den Beginn der aggressivsten Phase der Zentralbankpolitik in den letzten zehn Jahren. Dieser Trend hielt auch im Jahr 2023 an. Zur Inflationsbekämpfung hob die EZB die Einlagensätze auf einen Höchststand von 4 % an und die Hauptsätze auf einen Höchststand von 4,5 %. Dieser straffe Kurs ging nicht spurlos an der Entwicklung des BIP und den M&A-Aktivitäten vorbei.
Die Neuemission von Krediten wird durch Fusionen und Übernahmen angetrieben, daher war die Entwicklung recht verhalten. Zudem haben die höheren Finanzierungskosten zu Unsicherheiten bei fremdfinanzierten Übernahmen geführt. Folglich haben sich die Unternehmen darauf konzentriert, ihre Kapitalstrukturen zu stabilisieren, Finanzierungslösungen für kurzfristig fällige Schulden (2023-2025) zu finden – vor allem durch Änderungs- und Verlängerungsmechanismen – und gelegentlich wertsteigernde Übernahmen zu tätigen. Der Markt für hochverzinsliche Anleihen hatte mit der Preisgestaltung für neue Transaktionen zu kämpfen, da die Emittenten vor Call-geschützten, festgeschriebenen Modellen zurückschreckten. Im Gegensatz dazu blieb der Loan-Markt funktionsfähig: Dank der inhärenten Flexibilität bei vorzeitigen Rückzahlungen, was die Optionen der Kreditnehmer bewahrt. Die Refinanzierungsaktivitäten haben zu einer erheblich verringerten kurzfristigen Fälligkeitsspanne für europäische Kredite geführt. Im Vergleich zu 2021 ist diese um 75 % gesunken und nur 7 % der Kredite werden in den nächsten beiden Jahren fällig. Im Gegensatz dazu sind europäische Hochzinsanleihen mit Fälligkeiten konfrontiert, die annähernd 20 % des Gesamtvolumens betreffen.2
Die Zahl der Private Equity-Geschäfte und der durch Fusionen und Übernahmen bedingten Emissionen befindet sich auf einem zyklischen Tiefstand. Doch die Private Equity-Firmen haben sich noch einiges Pulver trocken gehalten. Dies deutet darauf hin, dass eine Stabilisierung der Zinssätze wahrscheinlich zu einer deutlich verstärkten Geschäftstätigkeit führen wird. Es stehen zahlreiche Unternehmensverkäufe an – die Kapitalgeber stehen unter Druck, Vermögenswerte zu veräußern und Kapital umzuschichten. In der Vergangenheit wären diese Ausstiege durch Börsengänge erleichtert worden. Doch die Unternehmen entscheiden sich zunehmend dafür, länger in privater Hand zu bleiben. Das führt in erster Linie zu Verkäufen an andere Kapitalgeber oder Fortführungsfonds. Dieser Trend dürfte die 2023 zu beobachtenden Übernahmen von Unternehmen in private Hände und die Ausgliederung von Geschäftsbereichen unterstreichen. 2023 wurden mehrere milliardenschwere Take Privates abgeschlossen, also Käufe börsennotierter Firmen mit anschließendem Delisting. Dazu gehören Adevinta, WorldPay, Dechra AG, Software AG und Toshiba. Dies verheißt Gutes für die künftige Pipeline privater Finanzierungslösungen: sei es über eng oder breit syndizierte Kredite. Der europäische Private Credit Markt ist in dieser Hinsicht dynamischer als der US-Markt.
Trotz des geringeren Angebots blieb die Nachfrage nach europäischen Krediten robust. Angetrieben wurde dies von der Ankerinvestorenbasis der Collateralized Loan Obligations (CLOs) und anderen Investoren, die defensive Anlagen mit variabler Verzinsung suchen. Dies hat zu einem dynamischen, unterstützend wirkenden Nachfrageüberhang geführt. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Beschaffung auf den Sekundärmärkten: Dort sind die Kurse im Jahr 2023 um fast fünf Punkte gestiegen. Die Kredite wurden mit einem Abschlag auf den Nennwert (ca. 96)3 gehandelt, so dass es weiteren Spielraum für potenzielle Gewinne gibt. Das primäre Angebot wurde von Refinanzierungen dominiert. Angesichts der höheren Zinssätze ist es wichtig, dass es Genehmigungen dafür gab.
Die hohen Zinssätze treiben die variabel verzinsten Renditen nach oben. Unternehmen unterhalb des Investment-Grade-Bereichs sehen sich dadurch mit durchschnittlichen Gesamtfinanzierungskosten von 7-9 % konfrontiert.4 Angesichts weiter auslaufender Absicherungen könnten schwächere Kredite Schwierigkeiten haben, dies zu verkraften. Die Rating-Agenturen waren daher zunächst pessimistischer. Im Laufe von 2023 korrigierten sie ihre Prognosen für die Ausfälle bei europäischen Krediten jedoch nach unten. Für 2024 rechnen sie mit einer Ausfallrate von etwa 4 %.5 Doch die Ausfälle liegen derzeit nur bei 1,4 %, daher ist es schwierig, sich eine annähernde Verdreifachung der Ausfälle innerhalb eines so kurzen Zeitraums vorzustellen. Auch wir erwarten jedoch, dass die Ausfälle im Jahr 2024 ihren Höhepunkt erreichen sollten. Wir sehen drei Hauptfaktoren, die dazu beitragen könnten.
Erstens stellen die Fälligkeiten ein Risiko für Unternehmen dar, die ihre kurzfristigen Schulden nicht refinanzieren können. Wie bereits erwähnt, werden jedoch nur rund 7 % der ausstehenden Schulden des europäischen Kredituniversums in den nächsten zwei Jahren fällig. Für einen beträchtlichen Teil davon sind bereits Refinanzierungsgeschäfte in der Pipeline.
Zweitens ist es unwahrscheinlich, dass notleidende Kredite viel Zeit zur Erholung haben; sie könnten im nächsten Jahr vor einer Umstrukturierung stehen. Diese Titel machen jedoch nur einen eher kleinen Teil des europäischen Kredituniversums aus: Die CCC-Kredite stellen etwa 3,5 % und weniger als 3 % der Kredite notieren auf notleidenden Niveaus (unter 80). Darüber hinaus haben die Bonitätsverbesserungen im Jahr 2023 den dritthöchsten Stand in den letzten zehn Jahren erreicht; das deutet auf eine recht robuste Entwicklung hin. Allerdings könnte die Streuung im laufenden Jahr zunehmen.
Drittens und letztens können Unternehmen mit niedrigem (oder keinem) Cashflow in eine Liquiditätskrise und damit in Verzug geraten. Da die Finanzierungskosten gestiegen sind, haben sich die Zinsdeckungsquoten (ICR) natürlich nach unten entwickelt. Allerdings sind sie mit durchschnittlich etwa 3x6weiterhin robust und liegen nur etwa 1x unter den langfristigen Durchschnittswerten. Die aktiven Bemühungen für Refinanzierungen und Kapitalstrukturanpassungen, die erfolgreiche Kostenweitergabe und ein starkes operatives Management könnten den Cashflow von diesen Niveaus aus stärken.
Auch wenn die Prognosen also einen Anstieg der Ausfallraten erwarten lassen, ist unserer Meinung nach mehr Pessimismus in die Renditen eingepreist als gerechtfertigt. Daher könnte sich ein attraktives Risiko-/Ertragsprofil für europäische Kredite ergeben.
Anfang 2023 rechneten wir mit zweistelligen Renditen für europäische Anleihen. Wir stellten uns die Frage: „Waren europäische Anleihen eine Abwehrmaßnahme gegenüber steigenden Zinsen und Unsicherheit?“ Angesichts der anschließenden Performance können wir diese Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten. Europäische Kredite als defensive, vorrangig besicherte Anlageklasse mit variablen Zinssätzen waren nur sehr wenig von den Ereignissen des Jahres betroffen. Sie haben sich besser entwickelt als traditionelle Anlageklassen im Kreditbereich – ebenso wie in den letzten drei Jahren. Nun könnte man die Frage stellen: „Können Kredite auch 2024 überdurchschnittliche Renditen liefern?“
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts bieten European Loans auf mittlere Sicht Gesamtrenditen (in EUR) von 8-9 % pro Jahr7. Das halten wir für eine ansehnliche risikobereinigte Rendite im Vergleich zum historischen Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Oberflächlich betrachtet unterscheidet sich die Anlageklasse damit kaum von Hochzinsanleihen. Es sind jedoch strukturelle Faktoren im Spiel, die einen positiven Unterschied machen.
Für das Jahr 2024 wird ein Ausfallniveau von 4 % prognostiziert. Doch das im Spread implizierte Ausfallniveau für europäische Kredite liegt bei etwa 14 %. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Kredite derzeit falsch bewertet sind und die Investoren für das Kreditrisiko überkompensiert werden.
Die Gesamtrendite von Krediten wird in erster Linie durch Erträge und nicht durch Kapitalgewinne bestimmt. Letztere machen bei festverzinslichen Titeln in der Regel etwa 50 % des Ertragsstroms aus. Folglich sind die Renditeströme aus Krediten stabiler, da sie weniger anfällig für stimmungsbedingte Schwankungen sind. Sie sind zudem weniger abhängig von einem positiven Wirtschaftswachstum, das in der Regel zu Kursrallys führt. Darüber hinaus wird die Annäherung des Kurses an den Nennwert der Anleihen wahrscheinlich schneller realisiert, wenn die Aktivitäten in der Unternehmensfinanzierung wieder anziehen. Sponsoren-unterstützte LBO-Darlehen werden aktiv alle 2 bis 3 Jahre zurückgezahlt. Die durchschnittliche Laufzeit von Festkrediten dagegen beträgt mehr als 4 Jahre.
Nehmen wir an, dass die Ausfälle und Rückflüsse in den nächsten drei Jahren den historischen Durchschnittswerten von 3 % bzw. 70 % pro Jahr entsprechen. Dann könnte die risikobereinigte Basisrendite immer noch etwa 8 % betragen. Selbst bei einer höheren Ausfallquote als von den Agenturen prognostiziert – beispielsweise 5 % – und geringeren Rückflüssen – 60 % – könnte die Gesamtrendite über 6 % liegen. Das ist unserer Meinung nach eine reale Rendite, die immer noch mehr als 2 % über den risikofreien Zinsen liegt.
Bei europäischen Leveraged Loans handelt es sich um besicherte Kredite an Unternehmen unterhalb der Investment-Grade-Kategorie. In der Regel befinden sich diese im Besitz von Private Equity-Sponsoren. Folglich ist das Risiko eines Zahlungsausfalls höher als bei Investment-Grade-Krediten. Die Kupons enthalten eine Kreditspanne oberhalb der kurzfristigen Zinssätze; die Finanzierungskosten für die Unternehmen steigen also sofort, wenn die Zentralbanken den Leitzins erhöhen.
Das Hauptrisiko bei einer Anlage ist daher das Ausfallrisiko und der damit verbundene Verlust durch die Abschreibung der Schulden. Kredite werden auf einem Sekundärmarkt gehandelt, allerdings nicht an einer Börse. Während die Liquidität im Handel mit derjenigen von hochverzinslichen Anleihen vergleichbar ist, kann die Abwicklung langwierig sein – rund 30-40 Tage. Auch wenn Investitionen in Kredite nicht risikofrei sind, haben sie ihre Risikoeffizienz bewiesen.
Mit Blick auf die Zukunft bleibt eine friedliche Lösung des russisch-ukrainischen Konflikts schwer vorstellbar. Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas hat die geopolitischen Risiken zusätzlich angeheizt. Im Jahr 2024 wird voraussichtlich mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung an Wahlen teilnehmen, mehr als je zuvor in der Geschichte.[1] Potenzielle Krisenherde für die globalen Märkte gibt es viele, so dass Solidität und eine fundamentale Bottom-up Analyse wieder zu einem wichtigen Aspekt beim Investieren werden. Durationsbasierte Anlagen können in der Vermögensallokation eines Investors eine Rolle spielen. Unserer Ansicht nach werden jedoch Anlageklassen wichtig bleiben, deren Rendite an kurzfristige Zinssätze gekoppelt ist und überwiegend durch Spreads bestimmt wird.
Europäische Kredite haben sich im Jahr 2023 als strategische und taktische Allokation bewährt, und sie könnten dies auch 2024 tun. Angesichts potenzieller Gesamtrenditen von 8-9 % (auf Euro-Basis) und abgezinster Einstiegspunkte im mittleren 90er-Bereich haben sich die Investoren die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Die Aussichten für 2024 bleiben ungewiss, da mittelfristig weiterhin Risiken für die Wirtschaft bestehen. Die Investoren müssen sich auf das Unbekannte einlassen. Diese kurvenreiche Wegstrecke zu meistern erfordert einen stabilen Ansatz. Unserer Meinung nach bieten reale Renditen, die durch eine solide Kreditauswahl nachhaltig erzielt werden, in Zeiten volatiler öffentlicher Märkte Chancen für Investoren.