Aus Alt wird Neu: Ein Kreislaufkonzept für Elektroschrott

3 min zu lesen 5 März 24

Von Mobiltelefonen bis zu medizinischen Geräten: Jedes Jahr werden Millionen elektronischer Produkte hergestellt und massenweise entsorgt. Die stetige Zunahme des Elektroschrotts führt zu einem bisher ungekannten Ausmaß an Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung und sozialen Risiken. Deshalb bemühen sich Länder zunehmend, den Verbrauch und die Produktion nachhaltiger zu gestalten – durch den Ansatz der Kreislaufwirtschaft.

Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge legt weltweit kein Abfallbereich schneller zu als der Elektronikschrott. Der „E-Abfall“ wächst dreimal schneller als die Weltbevölkerung.1 Im Jahr 2020 fielen allein in der EU 4,7 Millionen Tonnen Elektroschrott an,2 von denen weniger als 40 % recycelt wurden.3

Prognostiziertes weltweites Aufkommen an Elektroschrott von 2023 bis 2030 (in Millionen Tonnen)

Das weltweite Abfallaufkommen erreicht also neue Höchstwerte. Angesichts dessen hat sich das Modell der Kreislaufwirtschaft zum wichtigsten Ansatz bei der Abfallbewirtschaftung und -verringerung entwickelt. Beim Elektroschrott steht dabei die effiziente Nutzung von Ressourcen im Vordergrund. Ziel ist es, die Lebensdauer elektronischer Produkte zu verlängern und so den verbrauchs- und produktionsbedingten Abfall zu minimieren.

Ein aktuelles Beispiel aus Österreich: Im Dezember 2023 hat die Regierung ein Bonusprogramm eingeführt. Die Verbraucher können sich damit bis zu 200 EUR für die Reparatur von Elektronikgeräten erstatten lassen. Das Programm ist ein Beispiel für die zunehmenden Selbstverpflichtungen der Regierungen, die Kreislaufwirtschaft in die Wertschöpfungsketten einzubauen. Südkorea hat schon im Jahr 2000 sein System der erweiterten Herstellerverantwortung eingeführt; in den Niederlanden gibt es seit 2013 ein Programm für die Kreislaufwirtschaft.

Allein in Europa wird der Investitionsbedarf für Kreislauflösungen bis 2040 auf 230 Mrd. EUR geschätzt – für die Entwicklung von Sachanlagen und die Infrastruktur.4 Die prognostizierte finanzielle Wertschöpfung für die Region liegt bei 1,5 Billionen Euro; der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft kann für Investoren also eine große Chance darstellen.5

Doch was genau umfasst die Kreislaufwirtschaft? Und welche Perspektiven ergeben sich daraus für langfristige Investoren?

Bevölkerungswachstum und Ressourcenknappheit

2050 werden voraussichtlich 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben.6  Damit steigt die Nachfrage nach Nahrungsmitteln, Wasser, Energie und Materialien rapide an. Doch der Zugang zu natürlichen Ressourcen wird zunehmend eingeschränkt: Die Welt kämpft mit den Auswirkungen des Klimawandels – extremen Wetterereignissen und dem Verlust der biologischen Vielfalt.

Den Konsum und die Produktion verantwortungsvoller zu gestalten ist also dringend notwendig. Es bleibt eine wichtige Priorität, unsere Wirtschaft an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen. Das zwölfte der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) beschreibt, was den Übergang von einer linearen zu einer Kreislaufwirtschaft umfasst: Ressourcen effizient nutzen, Abfälle verringern und Materialien wiederverwenden. Bei der Kreislaufwirtschaft wird der gesamte Produktlebenszyklus neu konzipiert – das geht weit über die Einführung von Recyclingverfahren hinaus.

Dieser Übergang schafft potenzielle Chancen für Investoren auf den privaten Märkten: Denn wenn Unternehmen kreislauforientierte Lieferketten vorantreiben wollen, brauchen sie die entsprechende Infrastruktur. Ob Lebensmittel oder Textilien – kreislaufwirtschaftliche Ansätze und Möglichkeiten finden sich in einer breiten Palette von Sektoren und Themen.

Investitionen in Kreislauflösungen

Angesichts des Bedarfs an Kreislauflösungen bemühen sich die Unternehmen zunehmend, elektronische Altgeräte aufzubereiten und zu verkaufen. Dies senkt den Bedarf an Rohstoffen ebenso wie den Energie- und Wasserverbrauch im Herstellungsprozess.

Den Ressourcenkreislauf verlangsamen, Technologien zur Wiederaufbereitung skalieren und Geschäftsmodelle umgestalten: Damit können Unternehmen ihre Kosten senken, flexiblere Lieferketten aufbauen und potenziell einen finanziellen Mehrwert erzielen.7 Eine aktuelle Studie schätzt das Umsatzpotenzial von Kreislaufgeschäftsmodellen auf 265 Milliarden Euro; bis 2030 könnten sie bei physischen Konsumgütern einen Marktanteil von 15 % erreichen.8

Betrachtet man die Dynamik bei Gesetzgebung und Innovation, sehen wir im Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft einen strukturellen Wandel – und wir sehen mögliche attraktive Renditepotenziale für langfristige Investoren.

Eine Version dieses Artikels wurde zuerst in Investment Perspectives 2024 veröffentlicht, unserem halbjährlichen Anlageausblick.

1 Weltgesundheitsorganisation (WHO), 'Electronic waste (e-waste)', (who.int), Oktober 2023.
2 Destatis, 'European Union produces 4.7 million tons of electronic waste', (destatis.de), April 2023.
3 Europäisches Parlament, 'E-waste in the EU: facts and figures (infographic)', (europearl.europa.eu), April 2023.
4 Summa Equity, 'Investing in a circular and waste-free Europe', (summaequity.com), April 2023
5 Summa Equity, 'Investing in a circular and waste-free Europe', (summaequity.com), April 2023
6 EU-Kommission, 'Global population is growing' (knowledge4policy.ec.europa.eu), Dezember 2022
7 Bocconi University, Ellen MacArthur Foundation und Intesa Sanpaolo, 'The circular economy as a de-risking strategy and driver of superior risk-adjusted returns', (ellenmacarthurfoundation.org), Juli 2021
8 Summa Equity, 'Investing in a circular and waste-free Europe', (summaequity.com), April 2023

 

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Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst werden.

von Amy Coleman und Vishal Purohit

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