Was ELTIF 2.0 für Private Credit-Investments in Europa bedeutet

5 min zu lesen 15 Apr. 24

Angesichts der Tatsache, dass viele europäische Klein- und Mittelstandsunternehmen (KMUs) sich dafür entscheiden, länger in privater Hand zu bleiben – und in einigen Fällen ihren Status als börsennotierte Unternehmen ganz aufgeben –, sind wir der Ansicht, dass Private European Corporate Credit eine grundlegende Rolle bei der Unterstützung ihres Wachstums spielt, insbesondere vor dem Hintergrund eines anhaltenden Rückgangs der Bankkredite. Die Einführung regulierter Rahmenwerke wie ELTIFs bedeutet, dass eine breitere Investorengruppe nun frühzeitig Zugang zu alternativen Vermögenswerten wie Private Credit erhalten kann. Der europäische Private Credit-Markt bietet Investoren potenziell höhere Renditen als der US-Markt. Zudem können unseres Erachtens einige defensive Merkmale dazu beitragen, volatile Marktphasen zu überstehen. 

Die große Mehrheit der Unternehmen in der EU sind kleine- und Mittelstandsunternehmen.1 Die Unterstützung dieser Unternehmen ist ein Schlüssel für langfristiges und nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Dies gilt umso mehr angesichts der verstärkten Tendenz, dass Firmen länger in privater Hand bleiben.2

Da die Banken ihre Kreditvergabe in Europa aufgrund immer strengerer regulatorischer Anforderungen3 weiter einschränken, ist unserer Ansicht nach das Unternehmensökosystem bereit für private Kreditgeber, die den europäischen Wirtschaftsmotor ankurbeln können. Wir sind davon überzeugt, dass Private Debt eine fundamentale Rolle bei der Finanzierung europäischer KMU in ihrem Wachstumszyklus spielen kann. Aber wie können Investoren Zugang zu dieser spannenden Anlageklasse erhalten?

Um die öffentliche Finanzierungslücke für nicht-börsennotierte Unternehmen zu schließen, wurden in der EU im Jahr 2015 die „europäischen Fonds für langfristige Investitionen“ eingeführt („European Long-Term Investment Fund“, ELTIF). Ziel war es, Kapital in Kernbereiche wie Unternehmen, Infrastruktur, Immobilien und nachhaltige Investitionen zu lenken und gleichzeitig die Demokratisierung von Privatvermögen für Kleinanleger voranzutreiben4.

Marktzutrittsbarrieren überwinden

In der Vergangenheit war es für viele europäische Privatanleger kaum möglich, Zugang  zu den nicht börsennotierten, langfristigen ELTIF-typischen Anlagen zu erhalten. Die Private Markets – wo Innovationen eher von kleineren Unternehmen mit neuen Technologien oder Ideen vorangetrieben werden – waren in der Vergangenheit die Domäne institutioneller Anleger wie Pensionsfonds, Stiftungen und Staatsfonds.

„Durch Investitionen in Private Credit über ELTIFs kann ein größerer Kreis von Investoren potenziell von Diversifizierung, attraktiven risikobereinigten Renditen und dem Finanzierungsbedarf der Realwirtschaft profitieren.“

Die inhärente Illiquidität vieler Private-Asset-Klassen war im Allgemeinen ein Hindernis für den Einstieg, da geschlossene und illiquide Fondsstrukturen nicht immer die regulatorischen oder Portfolioanforderungen für bestimmte Anlegerprofile erfüllen. Oft verlangen die Vermögensverwalter hohe Mindestkapitalzusagen für illiquide Private Credit-Anlagen, was auch die Portfoliodiversifizierung für kleinere Anleger beeinträchtigen kann.

Mit der Einführung regulierter Rahmenwerke wie ELTIF 2.0 wird die Schaffung einer größeren Anzahl halbliquider Vehikel vorangetrieben, die in das gesamte Spektrum der Private Markets investieren können. Diese fortlaufende Entwicklung des alternativen Universums hat die Türen für einen breiteren Investorenkreis geöffnet. Diese Investoren können jetzt frühzeitig Zugang zu den potenziellen Möglichkeiten in diesem Bereich erhalten.

Verbesserter und anpassungsfähiger ELTIF-Rahmen

Der originäre ELTIF 1.0-Rahmen enthielt strenge Beschränkungen und Definitionen für die Art der Anlagen, die ELTIF tätigen konnten. Diese Beschränkungen sollten den Investoren eine angemessene Diversifizierung ermöglichen. Sie wurden jedoch als zu strikt angesehen, was das Wachstumspotenzial einschränkte und die Akzeptanz zunächst verlangsamte. Einige dieser Vorschriften wurden mit ELTIF 2.0 überarbeitet und gelockert; die neue Verordnung gilt seit Januar 2024. Dies ermöglicht eine breitere Palette von Anlagestrategien und eine stärkere Beteiligung der Investoren.

„Die wesentlichen Vorteile des Rahmenwerks bleiben unverändert: regulierter Zugang zu Private Assets für eine breitere Anlegerbasis und eine EU-Vertriebszulassung. Dies ermöglicht einen effizienten Zugang in der gesamten Region und fördert sowohl die Diversifizierung seitens Investoren als auch effiziente Portfoliokosten“, sagt Aramide Ogunlana, Private Credit Director bei M&G Investments.

Dank des Rahmenwerks für ELTIF, das mit der Einführung von ELTIF 2.0 im Januar überarbeitet wurde, können nicht-institutionelle Anleger ein Engagement in diesen typischerweise illiquiden und langfristigen Anlagemöglichkeiten eingehen, die unserer Ansicht nach langfristig attraktive Renditen bieten können. Eine der wesentlichen Verbesserungen war die Senkung der Mindestanlagesumme von 10.000 Euro auf Null, allerdings müssen Kunden und Investmentgesellschaften den entsprechenden Zutritt und das Interesse mit der Fähigkeit abwägen, ihre Anlagen in den jeweiligen Märkten zu tätigen. Das überarbeitete Rahmenwerk erlaubt es den Managern auch, Co-Investments an der Seite ihrer Kunden zu tätigen. Unserer Meinung nach ist diese Anpassung ein wichtiges Instrument zum Schutz der Anlegerinteressen, insbesondere bei illiquiden langfristigen Anlagen. „Die Senkung der Mindestanlage in zulässige Vermögenswerte von 70 % auf 55 % bedeutet, dass öffentliche Vermögenswerte nun bis zu 45 % eines ELTIF-Portfolios ausmachen können“, sagt Ogunlana. „Wir begrüßen eine erweiterte Definition, doch die Senkung des Mindestanteils hat Folgen für Investoren: Diese müssen sehr sorgfältig prüfen, mit welchem Fonds sie die Vorteile der Diversifizierung durch Private Assets am besten nutzen können.“

Darüber hinaus wurde die Definition des Begriffs „Realvermögen“ weniger restriktiv gefasst. Im ursprünglichen Rahmenwerk wurden reale Vermögenswerte als solche definiert, die einen Wert von mindestens 10 Mio. EUR haben. In ELTIF 2.0 werden jedoch diejenigen Vermögenswerte als förderfähig definiert, die „aufgrund ihrer Substanz und ihrer Eigenschaften einen intrinsischen Wert haben“5, wodurch der Anwendungsbereich von ELTIF-Investitionen erheblich erweitert wird.

Mit ELTIF 2.0 in Private Credit investieren

Das Rahmenwerk ELTIF 2.0 bietet eine regulierte Struktur, die Investoren den Zugang zu potenziellen Chancen im gesamten Private Credit-Spektrum ermöglicht. Damit kann ein größerer Kreis von Investoren potenziell von Diversifizierung, attraktiven risikobereinigten Renditen und dem Finanzierungsbedarf der Realwirtschaft profitieren.

Im Rahmen des überarbeiteten Rahmenwerks kann eine halbliquide Fondsstruktur mit einem Multi-Credit-Ansatz Zugang zu den zahlreichen Möglichkeiten des Private Debt-Universums bieten – von Private Corporate Lending bis Real Assets Lending. Deren zugrundeliegende Risiken und Performancetreiber sind sehr unterschiedlich. Dies ermöglicht ein flexibles Engagement in alternativen und differenzierten Arten von ertragsbringenden Vermögenswerten – über den gesamten Zyklus hinweg. Im Vergleich zur traditionellen Vermögensallokation kann dies potenzielle Vorteile beim Risiko-Rendite-Ausgleich bieten, um mögliche volatile Phasen zu überstehen.

Abgesehen von der Illiquidität ist zu beachten, dass Private Credit-Investitionen mit anderen inhärenten Risiken wie Kredit-, Liquiditäts- und Marktrisiken verbunden sind, die Anleger sorgfältig abwägen sollten, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen.

Manager mit einer langjährigen Expertise wie M&G Investments sind jedoch in der Lage, ihr Fachwissen und ihre Größe zu nutzen, um sich in der oft komplexen Welt der europäischen Private Credit-Investments zurechtzufinden, so dass sie ihre Allokationen flexibel gestalten können, um in unterschiedlichen Marktsituationen einen Mehrwert zu erzielen. Unternehmen ändern dynamisch ihre Finanzierungsquellen, was zu einer Verwischung der Grenzen führt, da sowohl die liquiden als auch die illiquiden Segmente der Private Credit-Märkte zusammenwachsen. Wir sind der Meinung, dass Manager mit den richtigen Fähigkeiten der Schlüssel sind, um von diesem Trend zu profitieren und den Investoren dabei zu helfen, ihre Ziele zu erreichen.

Zu den liquiden Private Credit-Finanzierungen für Unternehmen gehören beispielsweise breit syndizierte Kredite, die eine schnelle Bereitstellung, Portfoliodiversität und Liquidität sowie einen potenziellen Schutz vor Verlusten durch Sicherheiten und Seniorität bei einer weitgehend variablen Zinsstruktur bieten können. Die besten Investitionsmöglichkeiten im Bereich der Private Assets liegen unserer Meinung nach jedoch am renditestärkeren Ende des Spektrums auf der illiquiden Seite des Marktes. Dabei handelt es sich um Private Lending, also die direkte Kreditvergabe an Unternehmen mit hoher oder mittlerer Marktkapitalisierung, bei der das Risiko oft falsch bewertet wird. Obwohl die Liquidität geringer ist, sind wir der Meinung, dass die Einbeziehung von strengen Kreditauflagen (die auf den öffentlichen Märkten weitgehend fehlen) den Investoren eine risikoausgleichende Alternative bei gleichzeitiger Beibehaltung einer Renditeprämie bieten kann.

Was für den europäischen Private Credit-Markt spricht

„Die Tatsache, dass die USA ein größerer Markt sind, versteht sich von selbst, doch als einheitlicher Rechtsraum gelten dort überall weitgehend dieselben Vorschriften. Daher gibt es einen intensiven Wettbewerb, und wir haben eine Lockerung der Standards bei Unternehmenskrediten erlebt, um Abschlüsse zu ermöglichen“, sagt Michael George, Fondsmanager bei M&G Investments.

„Auch das Wachstumspotenzial ist in Europa ausgeprägter“, fügt er hinzu: „Die Banken haben sich in den USA bereits weitgehend zurückgezogen. In Europa dagegen besteht noch ein erheblicher Spielraum. Außerdem sehen wir in den USA mehr Risiken, ein größeres CCC-Engagement und schwächere Fundamentaldaten. Auch die Performance blieb über mehrere Zeiträume – einschließlich 2023 – hinter der in Europa zurück.“

In der EU gibt es keine Business Development Companies (BDCs). Diese sind aber ein gängiger Weg für US-Großinvestoren, um sich am Private Credit-Markt zu beteiligen. Doch die Einführung von Fondsstrukturen wie ELTIFs trägt dazu bei, dass Europa aufholt. Die Regulierungsbehörden haben die wirtschaftliche Lücke erkannt, die der eingeschränkte Zugang zu den Private Credit-Märkten sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher schafft.

Unternehmen bleiben länger in Privatbesitz: Dieser Trend setzt sich fort. Daher bietet der Zugang zum europäischen Privat Credit-Markt nicht nur die Möglichkeit, alle potenziellen Performancevorteile dieser Anlageklasse zu nutzen. Er eröffnet auch die Chance, eine wichtige Rolle bei der Finanzierung des Wirtschaftswachstums in der EU zu spielen und gleichzeitig bei einigen der Innovationen teilzuhaben, die die Gesellschaft in Zukunft prägen könnte.

1 Europäisches Parlament, “Small and medium-sized enterprises”, (europarl.europa.eu), Oktober 2023.
2 Nasdaq August 2022, “As Companies Stay Private Longer, Advisors Need Access to Private Markets”, August 2022.
3 Oliver Wyman, Eurostat, AFME, SIFMA.
4 REGULATION (EU) 2015/ 760 OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL - of 29 April 2015 - on European long-term investment funds (europa.eu)
5 Official Journal of the European Union, “Regulation (EU) 2023/606 of the European Parliament and of the Council of 15 March 2023”, (eur-lex.europa.eu), 20. März 2023

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