Aktien & Multi Asset Ausblick - Q3 2024

15 min zu lesen 29 Juli 24

Was kommt als nächstes?

Die Stärke der Aktien in diesem Jahr und ihre Outperformance gegenüber den Anleihemärkten hat viele Marktteilnehmer überrascht. Die Bewertungen der Unternehmen sind weltweit gestiegen. Doch zu unserem Glück haben nicht alle Unternehmen dabei mitgemacht, so dass sich Chancen ergeben haben. Wo geringe Erwartungen auf Innovationskraft trafen, kam es zu einigen der stärksten Outperformances. Wir glauben, dass die „verborgenen Innovationsperlen“ auch künftig die besten Voraussetzungen für die Alpha-Generierung bieten werden.

Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als wir alle sorgenvoll auf den scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg der „Magnificent 7“ geblickt haben? Jetzt ist daraus „Magnificent 1“ geworden: Im zweiten Quartal 2024 befand sich nur noch die Nvidia-Aktie unter den 100 weltweiten Top-Performern und erreichte Platz 55.

Der Juli begann ereignisreich mit den Wahlen im Vereinigten Königreich und der zweiten Runde der französischen Wahlen. Je nach der politischen Linie und ihrer Umsetzung könnte die neue britische Regierung den inländischen Mid- und Small Caps etwas den Rücken stärken; französische Anleihen dagegen könnten volatil bleiben.

Wir glauben weiterhin, dass es in einigen Aktienbereichen recht attraktive Renditechancen gibt. Hinsichtlich der kurzfristigen relativen Gesamtperformance von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren könnten wir uns jedoch einem Wendepunkt nähern.

Die Befürchtungen hinsichtlich einer für längere Zeit erhöhten Inflation und eines Haushaltsdefizits – besonders im Falle einer Trump-Regierung – würde das lange Ende der Renditekurve von US-Staatsanleihen volatiler machen. Eine Positionierung im vorderen oder mittleren Bereich der Kurve könnte Investoren ruhiger schlafen lassen, auch wenn die potenziellen Renditen niedriger sein mögen.

Der Wert eines Investments kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass Preise steigen und fallen können, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Bitte beachten Sie, dass bei Erwähnung von Wertentwicklungen die frühere Wertentwicklung keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung darstellt.

Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst und nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Wertpapiers betrachtet werden.

Von „Magnificent 7“ zu „Magnificent 1“

Der Start in den Monat Juli war ereignisreich – mit Wahlen im Vereinigten Königreich und der zweiten Runde der französischen Wahlen. Wie könnte es an den Märkten weitergehen? Um das zu verstehen, haben wir die Wahlergebnisse abgewartet und diesen Quartalsausblick um einige Tage verschoben. In der Zwischenzeit sind einige weitere aussagekräftige Daten auf unseren Tisch gelangt: Es gibt Anzeichen für eine Abschwächung auf dem US-Arbeitsmarkt, und der US-Kernverbraucherpreisindex (CPI) ist niedriger ausgefallen als erwartet. Beide Kennzahlen sind wichtig für den möglichen künftigen Weg der US-Notenbank Fed.

Vor diesem Hintergrund sind die Aktienmärkte weiter gestiegen; sie haben die Anleihemärkte hinter sich gelassen. Im zweiten Quartal 2024 stieg der MSCI AC World Index (ACWI) um 3,00 %, während der Bloomberg Global Aggregate Index um 1,10 % zurückging. Allerdings verringerte sich der Vorsprung der Aktienmärkte in den ersten beiden Juliwochen: Die Gesamtrendite des MSCI ACWI stieg um 3,16 %, während der Bloomberg Global Aggregate Index um 2,21 % zulegte.1

Die Entwicklung der Aktienmärkte in diesem Jahr und ihre Outperformance gegenüber den Anleihemärkten hat viele Marktteilnehmer überrascht. Damit wiederholte sich eine Entwicklung, die wir bereits 2023 gesehen haben. Die Aktien trotzten den Ängsten vor „für längere Zeit höhere“ Zinsen sowie der volatilen Geopolitik und gingen ihren eigenen Weg. Die Bewertungen der Unternehmen sind weltweit gestiegen. Doch zu unserem Glück habennicht alle Unternehmen dabei mitgemacht, so dass sich Chancen ergeben haben. Die Aktien mit einer überdurchschnittlichen Performance in der ersten Jahreshälfte hatten zwei gemeinsame Haupttreiber: Sie übertrafen die Erwartungen, und sie waren mit Innovationen erfolgreich. Die Outperformance chinesischer Aktien zwischen Januar und Mai 2024 ist ein Beispiel dafür, dass die Erwartungen unseres Erachtens zu pessimistisch waren. Die unterschiedliche Ergebnisentwicklung von Unternehmen aus denselben Sektoren – sogar im US-Technologiesektor – wurde von Firmen getragen, die auf der richtigen Seite der Innovationstrends standen und sie praktisch umsetzen konnten. Wo geringe Erwartungen auf Innovationskraft trafen, kam es zu einigen der stärksten Outperformances.

Unserer Ansicht nach wird dies auch in Zukunft die besten Voraussetzungen bieten, um Alpha zu generieren. Chancen ergeben sich unserer Meinung nach aus der Tendenz der Investoren, sich auf eine schmale Bandbreite von Unternehmen zu konzentrieren. Wir sehen solche Chancen bei denjenigen Aktien, die wir als „verborgene Innovationsperlen“ bezeichnet haben. Mehr dazu finden Sie in unserer Publikation „Investment Perspektiven – Halbjahresausblick 2024“.

In gewissem Maße hat der Markt seinen Horizont bereits erweitert, und unter der Oberfläche haben die Aktien in aller Stille einen Kurswechsel vollzogen. Im Jahr 2023 waren 32 der 100 Aktien mit der besten Performance im MSCI ACWI in den USA notiert. Die sektorale Konzentration war sogar noch größer: 46 der 100 Titel gehörten zu den Sektoren IT oder Kommunikationsdienste. In der ersten Jahreshälfte 2024 hat sich der Markt schrittweise breiter aufgestellt. Im zweiten Quartal dieses Jahres waren nur sechs der Top-Performer des MSCI ACWI in den USA notiert. Mehr als 70 waren in Asien notiert, und nur 24 gehörten zu den Sektoren IT und Kommunikationsdienste. Interessant ist auch die Performance der Magnificent 7 („Mag 7“) aus globaler Sicht. Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als wir alle sorgenvoll auf den scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg der „Mag 7“ geblickt haben? Jetzt ist daraus „Mag 1“ geworden:  Im Jahr 2023 war Nvidia die fünftbeste Aktie weltweit, Meta lag auf Platz acht und Tesla auf Platz 49. Microsoft. Alphabet, Apple und Amazon landeten nicht unter den Top 100. Im zweiten Quartal 2024 schaffte es nur noch Nvidia unter die Top 100, und zwar auf Platz 55. Unserer Meinung nach deutet dies darauf hin, dass die Blicke der Investoren allmählich über die USA und die „Mag 7“ hinausgehen. 

Die Richtung dieser Entwicklung kann sich jedoch jederzeit ändern. In den letzten Wochen gab es viel nachrichtengetriebene Volatilität, da der Markt eine Reihe von Ereignissen zu verarbeiten hatte. An erster Stelle sind die Ergebnisse der britischen Wahlen zu nennen. Die Labour-Partei gewann beeindruckende 412 von 650 Parlamentssitzen und beendete damit die 14 Jahre andauernde Vorherrschaft der Tory-Partei. Der Machtwechsel vollzieht sich inmitten eines weit verbreiteten Pessimismus hinsichtlich der wirtschaftlichen Aussichten und der Staatsfinanzen des Vereinigten Königreichs. Die Marktteilnehmer scheinen die neue Regierung positiv zu sehen: Angesichts eines im Vergleich zur Vergangenheit gemäßigteren Ansatzes der Labour-Parteiführung, eines aktiven Dialogs mit der Wirtschaft während des Wahlkampfes und einer allgemeinen Unzufriedenheit mit der Instabilität der vorherigen Regierung.

Mein britisches Investmentteam macht mich auf eines aufmerksam: Das Vereinigte Königreich scheint zum ersten Mal seit rund acht Jahren eines der geopolitisch stabileren Länder der Welt zu sein. Daher könnte der britische Markt in den nächsten Quartalen für globale Investoren attraktiver werden. Natürlich wird viel davon abhängen, welche politischen Maßnahmen in den kommenden Monaten umgesetzt werden. Ein kräftigeres Binnenwachstum könnte den stärker im Inland engagierten britischen Mid- und Small-Cap-Unternehmen Rückenwind geben. Diese Firmen aus dem FTSE 250 Index sind in den letzten zwei Jahren meist hinter den stärker global ausgerichteten Konzernen aus dem FTSE 100 Index zurückgeblieben. Eine Rückkehr zur Zollunion schließt die Labour-Partei zwar aus, sie hat jedoch angekündigt, dass sie die Beziehungen zur EU vertiefen möchte. Dies könnte den Lieferketten und dem BIP-Wachstum einen Schub geben.

Mehr als einmal haben wir die historische Erfahrung erwähnt, dass Wahlen und Referenden den Markt kurzfristig bewegen können. Diese kurzfristige Volatilität normalisiert sich erfahrungsgemäß mittel- bis langfristig wieder. Die wirklichen Performance-Treiber sind der Erfolg – oder der mangelnde Erfolg – der politischen Umsetzung. Blickt man aus diesem Gesichtspunkt auf den „Lärm“ rund um eine Wahl, können sich Chancen ergeben, von kurzfristigen Kursverwerfungen zu profitieren. Die Wahlen werden die Richtung des britischen Aktienmarktes wohl nicht grundlegend ändern, solange die politischen Maßnahmen weder bekannt noch in der Umsetzung sind. Doch es besteht eine begründete Chance, dass die Aussichten auf einen Wandel einige Investoren zur Rückkehr an den britischen Markt bewegen könnte – auch diejenigen, die vielleicht eine „Pause“ eingelegt hatten. Das gilt besonders angesichts des Bewertungsniveaus, das im Vergleich zum Rest der Welt eher bescheiden wirkt.

Der erdrutschartige Sieg der Labour-Partei war allgemein erwartet worden – für das Endergebnis der französischen Wahlen gilt das ganz sicher nicht.

In der ersten Runde hatte die rechtsgerichtete Partei Rassemblement National (RN) deutlich vorne gelegen. In der zweiten Runde setzte sich das Linksbündnis Nouveau Front (NFP) mit einer Deutlichkeit durch, die viele Beobachter überrascht hat. Die NFP belegt mit knapp 200 Sitzen den ersten Platz, gefolgt vom Lager des Präsidenten, der zentralistischen Allianz; die RN von Le Pen folgt erst an dritter Stelle. Diesen Bericht haben wir erstellt, bevor eine neue Regierung gebildet wurde. Aus Sicht der Märkte ist dabei zum jetzigen Zeitpunkt kein Ergebnis ideal; die marktfreundlichste Konstellation dürfte eine große Koalition zwischen dem Präsidentenlager und den eher zur Mitte tendierenden Parteien der NFP sein. Selbst bei diesem günstigsten Szenario dürfte es schwierig sein, mit einem zersplitterten Parlament zu regieren. Die öffentlichen Ausgaben dürften hoch bleiben, und das französische Haushaltsdefizit wird wahrscheinlich weiter anwachsen. Vor allem aber wird der Kampf um die Verteilung der Steuereinnahmen viel härter werden.

Der französische Anleihemarkt wird wahrscheinlich von erhöhter Volatilität geprägt bleiben, bis mehr Klarheit herrscht, und wir halten derzeit keine Positionen in unseren Multi Asset-Portfolios. Im Aktienbereich sehen wir auf dem französischen Markt weiterhin Titel, die für unsere Portfolios geeignet sind. Dies gilt besonders in Segmenten, die von unternehmensspezifischen Verbesserungen angetrieben werden. Dazu gehören zum Beispiel der Konsum- und der Energiesektor, in denen einige Titel bescheidene Bewertungen aufweisen. Da die politischen Risiken nach wie vor hoch sind, müssen wir neue Informationen im Auge behalten: Beispielsweise die möglichen Auswirkungen von gekürzten Staatsausgaben auf Unternehmen, die davon abhängig sind.

Obwohl französische Staatsanleihen vorerst volatil bleiben könnten, erscheinen andere Anleihemärkte attraktiver. Die jüngste Abschwächung von Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten in den USA macht es wahrscheinlicher, dass die Fed bereits im September mit Zinssenkungen beginnen wird. Dies würde insgesamt zwei Zinssenkungen in diesem Jahr bedeuten. Doch sicher ist das keineswegs, und die Märkte wurden schon früher von stärkeren Daten überrascht, die solche Hoffnungen zunichte gemacht haben.

Die Wahrscheinlichkeit wächst jedoch, dass die Zinssätze global gesehen ihren Höhepunkt erreicht haben. Sie könnten im Laufe dieses Jahres sinken oder – da einige Zentralbanken die Zinswende bereits eingeleitet haben – weiter zurückgehen. Legt man dies zugrunde, könnten sich für die Anleihemärkte beträchtliche Chancen eröffnen: Auch weil ein Teil der sechs Billionen US-Dollar, die derzeit an den Geldmärkten geparkt sind, bei sinkenden Zinsen wahrscheinlich in Staatsanleihen und andere Vermögenswerte fließen werden, die als weniger risikobehaftet gelten. Wir sind zwar nach wie vor der Ansicht, dass es in einigen Aktienbereichen durchaus attraktive Renditechancen gibt, jedoch könnten wir uns hinsichtlich der kurzfristigen relativen Gesamtperformance von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren einem Wendepunkt nähern.

Bei 10-jährigen US-Staatsanleihen könnte uns ein Renditerückgang auf 3 % eine Kursrendite von rund 10 % bescheren; bei den 5-jährigen US-Staatsanleihen wären es rund 5 %. Dies ist möglicherweise weniger als die potenziellen Renditen einiger der oben erwähnten „verborgenen Perlen“ im Aktienbereich. Doch aus der Perspektive des Gesamtmarktes verschiebt sich das relative Risiko-Ertrags-Verhältnis nach einer so starken Performance des Aktienmarktes – und einigen leicht schwächeren US-Daten – zugunsten von festverzinslichen Anlagen. Die Duration könnte weiter außen in der US-Renditekurve höhere Renditen bieten. Wir müssen jedoch bedenken, dass die Befürchtungen hinsichtlich einer für längere Zeit erhöhten Inflation und eines Haushaltsdefizits – besonders im Falle einer Trump-Regierung – das lange Ende der Renditekurve von US-Staatsanleihen volatiler machen würden. Eine Positionierung am vorderen oder mittleren Ende der Kurve könnte Investoren ruhiger schlafen lassen, auch wenn die potenziellen Renditen geringer sind.

In unseren Multi Asset-Portfolios haben wir in den am stärksten taktisch ausgerichteten Strategien den Aktienanteil reduziert; dieser war in der letzten Zeit leicht übergewichtet. Sie halten nun ein relativ neutrales direktionales Aktienengagement. Die Portfolios engagieren sich zudem nach dem Ausverkauf Mitte April stärker in Staatsanleihen der westlichen Industriestaaten; diese Positionen hatten sie gegen Ende letzten Jahres verringert.

Zum Abschluss noch eine Erkenntnis, auf die unser Team für taktische Vermögensallokation hinweist: In unseren vielen gemeinsamen Jahren am Markt haben wir gelernt, dass niemand in die Zukunft blicken kann. Wir haben jedoch auch gelernt, dass man über das kurzfristige Rauschen hinaushorchen und die Wahrscheinlichkeit von Ergebnissen abwägen sollte – ohne große einseitige Wetten in einer Zeit einzugehen, in der sich die Ereignisse und Datenpunkte noch entwickeln.

Wir wünschen Ihnen eine gute und – hoffentlich – erkenntnisreiche Lektüre.

Fabiana Fedeli

Chief Investment Officer, Equities, Multi Asset and Sustainability

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Der Wert eines Investments kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass Preise steigen und fallen können, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst und nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Wertpapiers betrachtet werden.

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