China tritt aufs Gaspedal

5 min zu lesen 23 Okt. 24

Der chinesische Aktienmarkt hat eine rasante Rally hinter sich. So verzeichnete der MSCI China Index in den knapp zwei Wochen vom 24. September bis zum 7. Oktober einen Anstieg um 34 %. Zwar folgte daraufhin eine deutliche Korrektur, dennoch wurde der chinesischen Aktienmarkt im laufenden Jahr durch diese Marktbewegung plötzlich an die Spitze der großen regionalen Aktienmärkte gehievt.

Umfangreicher geld- und fiskalpolitischer Stimulus

Auslöser des Kursanstiegs war die Ankündigung der chinesischen Regierung im September, sowohl fiskalpolitisch als auch geldpolitisch lockern zu wollen, und zwar in massiver Weise. So wurden als geldpolitische Maßnahmen u.a. eine Zinssenkung angekündigt sowie eine Senkung der Mindestreserveanforderungen für die Banken. Außerdem wurden Maßnahmen zur Unterstützung des Immobiliensektors angekündigt, die eine Senkung der Zinsen für Immobilienkredite und der Eigenkapitalanforderungen für Immobilienfinanzierungen beinhalten. 

Die geplanten fiskalpolitischen Maßnahmen wurden drei Wochen später am 12. Oktober zwar etwas konkretisiert, allerdings blieb der Geldbetrag, der aufgewendet werden soll, weitgehend offen. Dennoch erscheinen die geplanten Pakete weitreichend. So will Bejing den überschuldeten Lokalregierungen unter die Arme greifen, die unteren Einkommensschichten unterstützen, die Staatsbanken rekapitalisieren und den Immobiliensektor stabilisieren. Wie groß die Summe am Ende ausfällt, hängt wohl davon ab, welche Neuverschuldung Bejing in der nächsten Sitzung bewilligen wird. Der Tonlage der jüngsten Ankündigung nach zu urteilen, könnte es sich dabei jedoch um ein signifikantes Paket handeln.

Und dieses ist auch notwendig. Denn die Konjunktur sendet seit längerer Zeit Warnsignale. Das Konsumentenvertrauen ist im Keller und der Immobiliensektor kommt einfach nicht auf die Beine. Das Ergebnis ist ein verhaltener Konsum und deflationärer Druck, der sich zuletzt v.a. in den sinkenden Produzentenpreisen bemerkbar machte. Für die Kapitalmärkte sind diese Wirtschaftsdaten in Anbetracht der geplanten Maßnahmen jedoch vorerst in den Hintergrund gerückt. Die chinesische Regierung wird jedoch sehr bald Details liefern müssen und sollte dabei lieber nicht enttäuschen.

Der konjunkturelle Wendepunkt?

Makroökonomisch könnten die Maßnahmen, sofern sie in der Summe ausreichend hoch ausfallen, durchaus einen Unterschied machen. Denn ein großes Problem der chinesischen Wirtschaft ist die Verunsicherung des Konsumenten, der trotz extrem hoher Ersparnisse einfach nicht konsumieren will und stattdessen lieber weiter spart. So liegt die Konsumquote in China deutlich unterhalb des globalen Durchschnitts. Ein wesentlicher Grund für diese Verunsicherung dürfte wiederum im schwachen Immobiliensektor liegen, der für die Vermögensbildung und das finanzielle Sicherheitsempfinden der chinesischen Haushalte eine entscheidende Rolle spielt. Den Probleme beim Konsum und im Immobiliensektor mit den angekündigten Maßnahmen anzugehen, könnte sich somit als richtige Strategie erweisen. 

Dennoch sollte man sich keine Illusionen machen. Denn eines ist allen klar: Das chinesische Wirtschaftswachstum wird sich trotz der Maßnahmen längerfristig abschwächen. Eine Rückkehr der hohen Wachstumsraten aus der Vergangenheit bleiben illusorisch und werden von der Regierung auch nicht ernsthaft angestrebt. Zu groß sind die strukturellen Probleme. Ein umfangreiches Paket könnte jedoch für die chinesische Wirtschaft zumindest stabilisierend wirken und den Aktienmarkt aus dem Stimmungstief ziehen.

Kann der Aktienmarkt der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums trotzen? 

Viele Investoren sind weiterhin skeptisch. Immerhin war die Entwicklung des chinesischen Aktienmarktes in den vergangenen 15 Jahren trotz hohem Wirtschaftswachstum sehr enttäuschend. Die Unternehmen haben es nicht geschafft, das hohe Wachstum in steigende Gewinne umzumünzen. Zudem haben sie die Aktionäre kaum am Unternehmenserfolg teilhaben lassen. Eine oftmals unzureichende Corporate Governance hat ihr Übriges für den Vertrauensverlust getan. Warum sollte sich dies nun ausgerechnet bei einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums ändern? 

Wir sind der Meinung, dass der chinesische Aktienmarkt das Potential hat der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums zu trotzen. Denn ein langsameres Wirtschaftswachstum muss nicht zwangsweise mit einem niedrigeren Gewinnwachstum und geringeren Aktienrenditen einhergehen. Der Schlüssen zum Erfolg liegt aus unserer Sicht in der Profitabilität und Aktionärsorientierung. So ist immer häufiger zu beobachten, dass die Unternehmen verstärkt auf die Profitabilität und Kapitalrendite achten. Zudem steigen die Ausschüttungsquoten und Aktienrückkäufe. Damit senden chinesische Unternehmen unserer Meinung nach ein klares Signal an die Aktionäre, und dieses lautet „Wir lassen euch am Unternehmenserfolg teilhaben.“ Dieser Trend zu einer profitabilitätsorientierteren und aktionärsfreundlicheren Ausrichtung ist letztlich ein wesentlicher Grund für unseren Optimismus.

Die Bewertungen sind einfach zu günstig, um sie zu ignorieren

Der zweite wesentlichen Grund für unseren Optimismus liegt kurioserweise im weit verbreiteten Pessimismus vieler Marktteilnehmer. Denn dieser Pessimismus zeigt sich in den oftmals absurd niedrigen Bewertungen vieler Aktienunternehmen in China. Zwar hat der jüngste Kursanstieg zu einer gewissen Erholung der Bewertungen geführt, dennoch liegt das erwartete KGV* des MSCI China Index nach wie vor rund 20 % unterhalb des Zwanzigjahresdurchschnitts. Damit ist der chinesische Aktienmarkt einer der günstigsten unter den größeren regionalen Märkten. 

Politische Risiken nicht vernachlässigen

Ein großer Unsicherheitsfaktor sind ohne Zweifel die politischen Risiken. Hierzu zählen v.a. mögliche Verschärfungen in den Handelsbeziehungen zwischen China und den westlichen Industrienationen. Außerdem besteht das chronische Risiko einer militärischen Auseinandersetzung zwischen China und Taiwan. Eine massive Eskalation dieser beiden Risikofaktoren ist aus unserer Sicht jedoch unwahrscheinlich. Denn die wirtschaftlichen Abhängigkeiten sind einfach zu groß, die Lieferketten weltweit eng miteinander verzahnt und auch die Staatsfinanzen der großen Akteure bereits heute derart angespannt, dass es in keinem Interesse liegen kann, die Konjunktur zusätzlich zu belasten, geschweige denn einen weiteren teuren geopolitischen Konflikt loszutreten. Auch wenn man die politischen Risiken keinesfalls vernachlässigen sollte, sind diese unserer Ansicht nach in den Bewertungen größtenteils eingepreist.

Günstige Ausgangslage für den chinesischen Aktienmarkt

Zusammenfassend stellt die Kombination aus günstigen Bewertungen und einer profitabilitäts- und aktionärsorientierteren Ausrichtung der Unternehmen aus unserer Sicht eine günstige Ausgangslage dar. Hinzu kommen die geplanten Unterstützungsmaßnahmen, die als Katalysator für eine anhaltende Aktienmarktrally in China fungieren könnten, sofern sie die Erwartungen erfüllen. Sollte es der Regierung gelingen, den Immobiliensektor zumindest zu stabilisieren und gleichzeitig den Konsum anzukurbeln, könnte die jüngste Rally der Startschuss für eine größere Entwicklung gewesen sein. 

* Das erwartete KGV entspricht dem Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der durchschnittlichen Gewinnerwartungen für die nächsten 12 Monate.

 

Fonds aus dem Hause M&G mit signifikantem China-Exposure:

M&G (Lux) Asia Fund 

M&G (Lux) Global Emerging Market Fund

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