Warum wir in Europa ein Value-Comeback erwarten

4 min zu lesen 19 Feb. 25

Europäische Value-Aktien haben 2024 den Gesamtmarkt hinter sich gelassen: Getrieben von einem Bankensektor, der den politischen Risiken und Zinssenkungen trotzte. Der klare Bewertungsabschlag zu US-Aktien eröffnet unserer Meinung nach eine einzigartige Gelegenheit für Value-Investoren – und er unterstreicht, dass Europa attraktive Renditechancen in einem dynamischen Markt bieten kann.

Der Value-Stil hat 2024 in Europa ein weiteres positives Jahr erlebt. Value-Aktien übertrafen den europäischen Gesamtmarkt und auch das Wachstumssegment – obwohl das volatile Umfeld durch politische Risiken, Wachstumssorgen und veränderte Zinserwartungen befeuert wurde.

Die Value-Aktien haben damit die Erwartungen übertroffen, denn sinkende Zinsen gelten eher als schwieriges Umfeld für sie. Offenbar ist es dem Value-Stil zugutegekommen, dass der Markt für 2024 mit mehr als vier EZB-Zinserhöhungen gerechnet hatte.

Die robuste Performance im vergangenen Jahr ist ein weiterer Beleg für den Aufwind, der den Value-Stil in den letzten Jahren vorangebracht hat. Über einen Zeitraum von drei Jahren haben Value-Titel das Wachstumssegment deutlich übertroffen. Wir glauben ganz und gar nicht, dass der europäische Value-Stil tot ist. Wir sind im Gegenteil davon überzeugt, dass er sich bester Gesundheit erfreut.

Der US-Markt prägt in der Regel, wie das Value Investing wahrgenommen wird. Dort dominieren weiterhin die Wachstumsaktien, besonders Titel aus dem Technologiesektor. Doch in Europa sieht das Bild anders aus – es zeigt einen potenziell günstigeren Hintergrund für den Value-Stil.

In Europa ist die Konzentration auf Tech-Aktien mit hoher Marktkapitalisierung – namentlich die „Magnificent Seven (Mag 7)“ – geringer als in den USA. Der europäische Kontinent verfügt jedoch über eine eigene Gruppe von Large-Cap-Wachstumsunternehmen: die „GRANOLAS“.1 Im Gegensatz zu den technologielastigen Mag 7 gehören dazu jedoch prominente Namen aus vielen verschiedenen Sektoren wie Luxusgütern, Technologie und Gesundheitswesen. Diese unterschiedliche Marktzusammensetzung unterstreicht die einzigartige Dynamik in der europäischen „Value versus Growth“-Geschichte.

Banken trotzen allen Widrigkeiten

Die Outperformance des Value-Stils im Jahr 2024 hat einen überraschenden Sieger: europäische Bankaktien. Diese haben sogar den technologiegetriebenen NASDAQ übertroffen, was das Vertrauen des Marktes in ihre Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit auch in einem herausfordernden Umfeld unterstreicht. Dies mag angesichts des aktuellen Zinssenkungszyklus unerwartet erscheinen. Unserer Meinung nach hat der Markt jedoch die Auswirkungen niedrigerer Zinssätze auf das Bankgeschäft überschätzt.

Zu Beginn des Jahres 2024 hatten viele Sell-Side-Analysten Gegenwind für die Banken vorausgesagt. Unserer Überzeugung nach waren europäische Banken jedoch attraktiv bewertet, und sie haben in den letzten Jahren einen ausgeprägten Veränderungsprozess durchlaufen. Sie sind jetzt sehr gut kapitalisiert, besitzen solide Bilanzen und haben sich in der Region konsolidiert, was sie wettbewerbsfähiger gemacht hat.

Unserer Einschätzung nach haben die Banken mit den Zinssenkungen gerechnet und sich entsprechend vorbereitet. Hinzu kommt, dass wir in naher Zukunft nicht mit einer weiteren Nullzinsperiode rechnen. Daher halten wir einen starken Rückgang der Rentabilität der Banken für unwahrscheinlich.

Die Investoren hatten ein deutlich höheres Zinsniveau prognostiziert, und der Zinssenkungszyklus schreitet langsamer voran als erwartet. In diesem Umfeld konnten sich die Banken vorbereiten und anpassen. Darüber hinaus profitieren sie weiterhin von stabilen Verbraucherausgaben und robusten Nettozinsmargen, besonders in Großbritannien. Unserer Ansicht nach können die Banken angesichts einer negativen Investorenstimmung weiterhin für positive Überraschungen sorgen.

Den Bewertungsabschlag in Europa nutzen

Die Value-Aktien haben unserer Meinung nach noch einen weiten Weg vor sich, um die Underperformance des letzten Jahrzehnts aufzuholen: Die Value-Chance besteht also weiterhin. Das zeigt schon ein Blick auf den außergewöhnlich hohen Bewertungsabschlag des europäischen Aktienmarkts. In allen Sektoren werden europäische Titel mit einem Abschlag gegenüber ihren US-Pendants gehandelt.

Für Value-Investoren ist das unserer Meinung nach ein ermutigendes Umfeld. Value-Chancen bestehen auf dem gesamten Markt – sie sind nicht auf einige wenige Sektoren oder Regionen beschränkt. Die Value-Chancen sind in verschiedenen Ländern und Sektoren offensichtlich. Investoren können diversifizierte Portfolios aufbauen und dabei erhebliche Bewertungsabschläge gegenüber US-Aktien nutzen. Solche extremen Bewertungen stellen unserer Meinung nach eine einzigartige Gelegenheit dar.

Die US-Wirtschaft mag zwar widerstandsfähiger sein als die europäische, doch unserer Meinung nach rechtfertigt dies die große Bewertungslücke nur teilweise.

In den USA gibt es zweifellos wachstumsstarke Technologieunternehmen, die die KI-Revolution vorantreiben. Die Firmen profitieren zudem von niedrigeren Energiekosten als ihre europäischen Pendants. Doch ist das Umfeld viel besser als in Europa? Wir bezweifeln es. Die USA stehen vor ihren eigenen Herausforderungen; dazu gehören ein großes Haushaltsdefizit und wachsende Bedenken hinsichtlich der Verschuldung. Darüber hinaus scheinen europäische Banken im Vergleich zu ihren US-Pendants weitaus attraktiver zu sein.

Trotz der möglichen Auswirkungen potenzieller US-Zölle auf europäische Unternehmen sehen wir für Europa bessere Aussichten als befürchtet, und wir halten den Abschlag gegenüber den USA für ungerechtfertigt.

Wir leben in einer Value-Welt

Trotz der verbreiteten Meinung, dass Value Investing zu kämpfen habe, floriert der Ansatz in Europa und anderen Weltregionen. Wir haben bereits früher beobachtet, dass sich die Investmentlandschaft verändert hat: Wir sind von einer Welt der Stabilität und Nullzinsen zu erhöhter Volatilität und Unvorhersehbarkeit übergegangen. In diesem Umfeld führen andere Sektoren und Aktien den Markt an als die, an die sich die Investoren in den letzten zehn Jahren gewöhnt hatten.

„Trotz der verbreiteten Meinung, dass Value Investing zu kämpfen hat, floriert der Ansatz in Europa und anderen Weltregionen.“

Unserer Meinung nach bringt dieser Regimewechsel Rückenwind für den Value-Stil, und das potenziell für längere Zeit. Die extremen Bewertungsaufschläge im Wachstumssegment sind unserer Ansicht nach fundamental nicht gerechtfertigt. Dies könnte Investoren dazu ermutigen, in die günstiger bewerteten Teile des Marktes zu wechseln.

Wir sind uns jedoch der großen Unsicherheit auf Markt- und makroökonomischer Ebene bewusst. Anlagestile und Marktführerschaft können von der Stimmung und den makroökonomischen Einschätzungen beeinflusst werden. Und es könnten Ereignisse oder Entwicklungen eintreten, die zu einer veränderten Marktrichtung führen und Gegenwind für den Anlagestil bedeuten.

Für die langfristigen Aussichten der Value-Anlagen bleiben wir dennoch optimistisch. Das veränderte Umfeld hat in Europa den Value-Stil begünstigt, auch wenn viele Investoren dies nicht wahrnehmen. Die Argumente für Europa sind überzeugend, besonders angesichts des erheblichen Bewertungsabschlags im Vergleich zu den USA. Dies schafft einen fruchtbaren Boden für Value-Strategien.

Die Zeit ist reif, das Comeback des europäischen Value-Stils zu würdigen, denn solch extreme Bewertungen könnten eine einmalige Gelegenheit darstellen. Unserer Meinung nach wird es jedoch einige Zeit dauern, bis die Investoren wieder umfassend zum Value-Stil zurückkehren, da er so lange übersehen worden ist. Unserer Meinung nach sind die Value-Chancen vielfältig. Es könnte eine außergewöhnliche Zeit für geduldige, selektive Investoren sein, um das Potenzial für beträchtliche Renditen zu nutzen.

Erfahren Sie mehr über den M&G (Lux) European Strategic Value Fund

von Richard Halle, Fondsmanager


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