Aktien
4 min zu lesen 15 Apr. 25
Europäische Aktien übertreffen im Jahr 2025 ihre US-Pendants, nach Jahren der Underperformance. Die neue Begeisterung der Anleger für dieses Anlagesegment stellt eine grundlegende Veränderung dar, insbesondere angesichts des extremen Pessimismus gegenüber Europa zu Jahresbeginn.
Sorgen über die Haushaltsprobleme in Frankreich und Italien, der anhaltende Krieg in der Ukraine und das schwache Wirtschaftswachstum in der Region trugen zur negativen Stimmung bei. Der Pessimismus schlug sich im Abfluss von Kapital aus europäischen Aktien und auch in den Bewertungen nieder. Die Bewertungsdifferenz zwischen Europa und den USA hatte ein extremes Niveau erreicht. Zurückzuführen war das vor allem auf die verbreitete Akzeptanz der These des US-amerikanischen Exzeptionalismus und der damit verbundenen Vorstellung vom Niedergang Europas.
Quellen: Refinitiv Datastream, Worldscope, Goldman Sachs Global Investment Research; Stand: Dezember 2024. 12-Monats-Forward KGV in Europa im Vergleich zu den USA.
Wenn sich Anlageregime ändern und sich lang anhaltende Trends umkehren, gibt es unserer Meinung nach oft eine letzte Phase der Übertreibung. Wir haben dies beim Dotcom-Crash im Jahr 2000 und im Vorfeld der Finanzkrise 2007/08 erlebt.
Der Wahlsieg von Donald Trump im November 2024 war wohl ein auslösendes Ereignis, das die vorherrschenden Trends verstärkte und die Bewertungsunterschiede noch weiter vergrößerte. Aber der Glaube an die amerikanische Ausnahmerolle könnte unbegründet gewesen sein. Die enormen fiskalpolitischen Impulse in den USA – das laufende Haushaltsdefizit beträgt über 6 % des BIP1 – kurbelten eine bereits starke Wirtschaft an, stützten die Konsumausgaben und trugen unserer Ansicht nach in einigen Teilen des Aktienmarktes zur Blasenbildung bei.
In diesem Jahr haben sich jedoch einige der Faktoren, welche die These von der Ausnahmestellung der USA untermauerten, ins Gegenteil gekehrt. Insbesondere scheint die Erkenntnis zu reifen, dass die US-Staatsausgaben auf einem nicht nachhaltigen Pfad sind – weshalb das DOGE (Department of Government Efficiency) ins Leben gerufen wurde. Die Zollpolitik von Präsident Trump hat auch Befürchtungen hinsichtlich einer Konjunkturabschwächung ausgelöst, und das Verbrauchervertrauen scheint nachzulassen.
Umgekehrt scheinen Trumps „Make America Great Again“-Pläne eine mobilisierende Wirkung auf Europa zu haben. Aus Sorge, dass die USA ihre militärische Unterstützung für Europa reduzieren könnten, hat der voraussichtliche künftige deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz ein enormes Konjunkturpaket für Investitionen in Infrastruktur und Rüstung angekündigt. Die Lockerung der „Schuldenbremse“ zur Erhöhung der Militärausgaben zeigt nachdrücklich, dass Deutschland einen neuen Weg einschlägt2.
In Kombination mit der von der Europäischen Union vorgeschlagenen Erhöhung der Rüstungsausgaben um 800 Milliarden Euro könnte das deutsche Konjunkturpaket eine bahnbrechende Entwicklung für die Aussichten des Kontinents darstellen3.
Aus anlagepolitischer Sicht glauben wir, dass dieses geänderte Umfeld zu einer neuen Wahrnehmung Europas führen könnte. Die überdurchschnittliche Entwicklung europäischer Aktien im laufenden Jahr deutet darauf hin, dass sich die Anlegerstimmung gewandelt hat. Wir könnten durchaus den Beginn eines neuen Anlageregimes erleben.
So wie Anleger in den letzten Jahren die USA gegenüber Europa bevorzugt haben, gab es auf dem europäischen Markt eine klare Präferenz für Growth- gegenüber Value-Aktien. Neu auf den Markt kommendes Kapital wurde in der Regel in Growth-Titel investiert, während günstigere, aber wenig gefragte Marktsegmente vernachlässigt wurden. Dies hat zu einer extremen Bewertungsdifferenz zwischen Value- und Growth-Aktien geführt, was unseres Erachtens eine hervorragende Anlagechance darstellt.
Quellen: MSCI, Morgan Stanley Research, Dezember 2024. Anmerkung: Die durchschnittlichen relativen Bewertungen beruhen auf erwartete 12M Daten, sofern verfügbar (Daten zum erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis beginnen im Jahr 2003), und auf nachlaufenden Daten, sofern kein erwartetes Kurs-Gewinn-Verhältnis verfügbar ist.
Was wir am aktuellen Umfeld spannend finden, ist die Möglichkeit, dass in einem neuen Marktregime, welches von anderen Faktoren angetrieben wird, nunmehr andere Aktien gut abschneiden werden. Wir glauben nicht, dass Growth und Value feste Kategorien sind, – ihre Grenzen sind fließend, und wenn sich das Marktregime ändert, können Aktien von einem in den anderen Bereich wechseln.
Für Value-Anleger ist es ermutigend, dass viele der Unternehmen und Bereiche, die in einem Umfeld steigender Investitionen und einer sich verbessernden Konjunktur gut abschneiden dürften, im Value-Bereich zu finden sind.
Rüstungsaktien sind das prominenteste Beispiel. Nachdem sie jahrelang in Ungnade gefallen waren, haben sie sich erholt, da die Anleger erwarten, dass sie von der Aufrüstung Europas profitieren werden.
Banken sind ein weiterer Bereich, der Rückenwind erhalten könnte. Wenn die geplanten Konjunkturprogramme das Wachstum und die Inflation in Europa ankurbeln, könnten die Zinsen länger auf höherem Niveau bleiben, was für Banken von Vorteil wäre. Eine breite wirtschaftliche Erholung und ein Anstieg der Kreditvergabe wären ebenfalls potenziell positiv für den Sektor.
In einigen Ländern ist bereits eine positive Dynamik bei der Kreditvergabe im Bankensystem zu beobachten, was eine bedeutende strukturelle Veränderung gegenüber der Zeit nach der Finanzkrise darstellt. Wir gehen davon aus, dass europäische Banken in Zukunft zu stabilen Unternehmen mit hoher Kapitalrendite werden könnten, die erhebliche Gelder an Aktionäre ausschütten.
Gegen Ende des letzten Jahres begannen die Sorgen um die wirtschaftlichen Aussichten einige der eher konjunktursensiblen Aktien Europas zu belasten. Wir beobachteten, dass Zement-, Bau-, Chemie- und Rohstoffunternehmen zu ungewöhnlich niedrigen Bewertungen gehandelt wurden. Obwohl wir nicht wussten, wann sich Europas Situation verbessern würde, waren wir der Meinung, dass sie auf Sicht von drei bis fünf Jahren ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis boten.
Wir haben lediglich auf die Bottom-up-Bewertungssignale reagiert, aber genau diese Art Unternehmen könnte an der Reindustrialisierung der europäischen Wirtschaft teilhaben.
Ein weiterer potenziell spannender Aspekt ist, dass die staatlichen Mehrausgaben einen positiven Effekt auslösen könnte, der auch den europäischen Konsum beflügelt. Jede Erholung in diesem Bereich könnte auf den Binnenmarkt fokussierten Einzelhändlern zugutekommen. Diese taten sich in letzter Zeit schwer, da Investoren bislang eher Luxusgüterunternehmen bevorzugen, die sich auf wohlhabende internationale Verbraucher konzentrieren.
Die europäischen Märkte sind stark in das Jahr gestartet. Angesichts des großen Bewertungsabschlags gegenüber den USA und des Potenzials für fundamentale Treiber halten wir die Aussichten auch weiterhin für günstig. Derzeit herrscht noch viel Unsicherheit in Bezug auf Themen wie Zölle und den Ukraine-Krieg. Trotz der Risiken glauben wir aber, dass Europa heute positiv bewertet werden kann. Besonders optimistisch sind wir, dass das nächste Kapitel an den europäischen Märkten zahlreiche Chancen für Value-Investoren bieten könnte.
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