Aktien
20 min zu lesen 16 Juli 25
Der Wert eines Investments kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass Preise steigen und fallen können, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Bitte beachten Sie, dass bei Erwähnung von Wertentwicklungen die frühere Wertentwicklung keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung darstellt.
Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst und nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Wertpapiers betrachtet werden.
Fabiana Fedeli,
Chief Investment Officer,
Equities, Multi Asset and Sustainability
Die etablierte Sicht, wie die Marktteilnehmer auf vermehrte geopolitische Risiken reagieren, wird derzeit auf den Prüfstand gestellt. Im zweiten Quartal 2025 eskalierte der Konflikt im Nahen Osten, die US-Regierung unter Präsident Trump kündigte umfassendere höhere Importzölle an als allgemein erwartet, und trotz zwischenzeitlicher Hoffnungen ist kein Ende des Kriegs in der Ukraine in Sicht. Nach in der Vergangenheit bewährtem Muster wäre die „übliche“ Anpassung der Asset-Allokation folgende gewesen: Aktien verkaufen, Anleihen kaufen und alles, was man kauft, sollte auf US-Dollar lauten.
Weit gefehlt. Im zweiten Quartal fielen die Kurse 30-jähriger US-Staatsanleihen und ihre Rendite stieg um 20 Basispunkte (Bp.); für das gesamte erste Halbjahr war ein Plus von 8 Bp. zu verzeichnen. Hinzu kam, dass an Anleihenmärkten wie Italien und Brasilien, die in der Vergangenheit unter einer Flucht in US-Treasuries gelitten hätten, die langfristigen Zinsen im zweiten Quartal zurückgingen und die Anleihenkurse spiegelbildlich stiegen.
Im gleichen Zeitraum wertete der US-Dollar um 7 % ab; im ersten Halbjahr gab er um insgesamt 10,7 % nach. Noch bemerkenswerter war der Kursanstieg an den globalen Aktienmärkten: So legte der Index MSCI All Country (AC) World im zweiten Quartal um 11,7 % zu (in US-Dollar). Damit übertraf er den US-Index S&P 500, blieb aber hinter dem technologiegeprägten NASDAQ-Index zurück, der um 18 % anstieg. Aktien aus Schwellenländern (Emerging Markets - EM) schnitten in US-Dollar gemessen besser als der S&P 500, was zum Großteil der Aufwertung der lokalen Währungen geschuldet war*. Die Spreads von Investment-Grade- und Hochzinsanleihen folgten einem ähnlichen Muster: Nach einer anfänglichen Ausweitung im Anschluss an die Ankündigung der US-Importzölle erholten sie sich und engten sich auf historisch niedrige Niveaus ein. Das entspricht ganz und gar nicht der Entwicklung, die in früheren Situationen mit erhöhten geopolitischen Risiken zu beobachten war.
Ebenso interessant ist, dass die Aktien- und die Credit-Märkte selbst in den turbulentesten Phasen unter dem Liquiditätsaspekt weiterhin gut funktioniert haben. Im zweiten Quartal kam es sowohl auf Credit- als auch auf der Aktienseite sogar zu vermehrten Aktivitäten zwecks Kapitalbeschaffung, und die Märkte verdauten das zusätzliche Emissionsvolumen problemlos.
Das scheinbar unvorhersehbare Verhalten an den Märkten dürfte das Ergebnis einer gewissen „Krisenmüdigkeit“ der Anleger sein. Zurückzuführen ist diese vermutlich auf die nicht abreißenden Nachrichten über Risikoereignisse in den letzten Jahren – von der Corona-Krise über Kriege bis hin zu politischen Turbulenzen in den USA.
Man sollte das aber nicht einfach nur damit erklären, dass die Anleger den Kopf in den Sand stecken und blind für die Risiken geworden sind. Vielmehr ist diese mentale Resilienz zu einem guten Teil durchaus als rational anzusehen. Geopolitische Konflikte sind für die Märkte für risikobehaftete Assets nämlich nur in dem Maß relevant, in dem sie die zugrundeliegenden Fundamentaldaten der Volkswirtschaften und Unternehmen tatsächlich beeinträchtigen. Im Fall des Nahostkonflikts beispielsweise dürften, jenseits von Extremszenarien, die Ölversorgung und der Ölpreis der unmittelbare Risikofaktor für die Weltkonjunktur sein. Die Auswirkungen darauf wären jedoch begrenzt, sofern es nicht zu einer längeren Sperrung der Straße von Hormus käme, durch die ein Großteil des weltweiten Öls und Flüssigerdgases (LNG) transportiert wird. Die Marktteilnehmer sind letztlich zu der Einschätzung gelangt, dass eine solche Sperrung derzeit unwahrscheinlich ist.
Ebenfalls nicht irrational ist mit Blick auf das drastisch steigende US-Haushaltsdefizit der Verkauf amerikanischer Staatsanleihen durch private ausländische Investoren und internationale Zentralbanken, die ihre umfangreichen Positionen neu bewerten und Risiken mit Bezug zu den USA reduzieren.
Solche Umschichtungen in der Asset-Allokation haben wir bei unseren Kunden direkt miterlebt. So gehören derzeit riskante Assets aus Europa zu den gefragtesten Anlagen, da dort ein neuer potenzieller Renditetreiber aufgetaucht ist, nämlich in Form erhöhter Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur im Inland.
Wir haben außerdem ein gesteigertes Interesse an asiatischen Assets registriert sowie in jüngster Zeit eine generelle Belebung der Nachfrage nach Assets aus Schwellenländern. Unsere europäischen Kunden haben sich diesbezüglich als erste bewegt, und nun beobachten wir einen ähnlichen Trend bei unseren Kunden in Asien.
Erwähnenswert ist des weiteren die deutliche Erholung des NASDAQ-Index, die sich ebenfalls rational erklären ist. Der Kurseinbruch bei US-Techaktien im Anschluss an die Nachrichten zum chinesischen Konkurrenten DeepSeek war wohl zu stark ausgefallen. Auch die Berichterstattung der Unternehmen zum ersten Quartal 2025 ließ keine Anzeichen für eine Verlangsamung der Investitionen im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) erkennen.
Demnach ist es vermutlich nicht so, dass die Anleger die Risiken ignorieren und ihre bewährten Strategien vergessen. Sie passen sich einfach an eine geänderte Struktur des globalen Markts an. Dort sind zwar die USA nach wie vor ein Land mit zahlreichen Anlagemöglichkeiten, sie sind aber nicht mehr die einzige attraktive Börse und können auch Schwachstellen aufweisen. Die Anleger sind also nicht irrational geworden, sondern sie denken anders, agieren vielleicht etwas vorsichtiger und selektiver.
Als Asset Manager müssen wir uns ebenfalls an die neuen Gegebenheiten anpassen, in denen das reflexhafte Anwenden vermeintlicher Regeln, beispielsweise das Ausweichen in den US-Dollar und US-Staatsanleihen als „sichere Häfen“, sich nicht mehr so bewährt, wie das früher einmal der Fall war.
In diesem veränderten Marktumfeld kommt es auf nuanciertes, unabhängiges und differenziertes Denken an.
In dem Zusammenhang gilt es auch, unsere Reaktionsgeschwindigkeit gegenüber der Vergangenheit zu ändern. Wir haben bereits das zunehmende Tempo der Marktbewegungen erwähnt, das Anfang April an den schnellen Umschwüngen an den Märkten für riskante Assets zu beobachten war. Diese Dynamik lässt keine Zeit, um Chancen zu prüfen, wenn sie sich ergeben, unsere Hausaufgaben zu machen und dann Marktschwankungen auszunutzen. Denn bis die Hausaufgaben erledigt sind, könnten sich die Chancen bereits wieder verflüchtigt haben.
Wir von M&G Investments haben gelernt, unsere Hausaufgaben im Voraus zu machen, uns unabhängig von den aktuellen Bewertungen intensiv mit Assetklassen und einzelnen Titeln auseinanderzusetzen, Wunschlisten zu führen und bereit zu sein, dann in Form von Kauf oder Verkauf zu handeln, sobald sich die Preise in unsere Richtung bewegen.
Wir sehen zwar die offenbar differenziertere Denkweise anderer Investoren am Markt positiv, müssen aber auch den Risiken Rechnung tragen, die sich in einer Phase so starker Kursanstiege bei risikoreichen Assets abzeichnen. So besteht eindeutig die Möglichkeit, dass die derzeit an den Risikomärkten zu beobachtende und bisher rational erscheinende Krisenmüdigkeit, gefährliche Folgen hat, wenn die Märkte Risiken gänzlich ignorieren.
Unser Head of UK Equities stellte fest, dass sich die Marktteilnehmer daran gewöhnen, dass falscher Alarm geschlagen wird. So hat die Häufung politischer Schocks, politischer Kurswechsel und Nachrichten über Konflikte hat die Anleger dazu veranlasst, Gefahren zu ignorieren, die sich nicht unmittelbar und deutlich auf die Finanzmärkte auswirken. Die damit einhergehende Abstumpfung birgt jedoch für sich bereits ein Risiko.
Da viele Zollverhandlungen zwischen den USA und ihren Handelspartnern noch nicht abgeschlossen sind, besteht weiterhin das Risiko, dass die Unternehmensgewinne sinken und die Stimmung in der Wirtschaft und unter den Verbrauchern erneut einbricht, was die reale Nachfrage beeinträchtigen könnte.
Daher behalten wir als Asset Manager weiterhin die Marktgeschehnisse im Blick. Das gilt insbesondere für neue Entwicklungen auf Ebene der Importzöllen, da sich höhere Zölle direkt negativ auf die Unternehmensgewinne weltweit auswirken können. Zölle könnten auch einen Nachfragerückgang auslösen, da die Preise importierter Güter steigen. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene beobachten wir alle Veränderungen des Verbraucher- und Unternehmensvertrauens, die Vorboten einer veränderten Nachfrage sein könnten, außerdem natürlich jede Verschlechterung der Beschäftigungssituation.
Der entscheidende Faktor ist jedoch das richtige Timing. Wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass Panik und ein zu früher oder zu abrupter Ausstieg aus den Märkten noch nie die optimale Strategie zur Erzielung von Anlageerträgen waren.
Da die Absehbarkeit der weiteren Entwicklung aufgrund der Probleme bei politischen Prognosen derzeit eingeschränkt ist, halten wir Diversifizierung sowohl zwischen als auch innerhalb der Assetklassen für das beste Rezept, um Portfolios in einem unsicheren makroökonomischen Umfeld widerstandsfähiger zu machen.
Im Rahmen unserer speziellen Aktienstrategien konzentrieren wir uns auf unternehmensspezifische Risiken, um auf diese Weise erfolgreich zu sein. Und wo immer möglich, mindern wir unbeabsichtigte Risiken durch entsprechende Portfoliokonstruktion und vermeiden konzentrierte Engagements.
In unseren Multi Asset-Strategien besteht noch eine leichte Übergewichtung in Aktien, die wir kürzlich reduziert haben. Wir gleichen diese Position in Aktien durch eine übergewichtete Duration in Staatsanleihen aus, die sich aus Engagements in unterschiedlichen Laufzeitsegmenten speist.
Langfristige Anleihen betrachten wir weiterhin als Absicherung für den Fall, dass sich das makroökonomische Umfeld verschlechtert. In den letzten Monaten haben wir unsere Anleihepositionen weiter diversifiziert und in deutsche Bundesanleihen, britische Staatsanleihen sowie Schwellenlandanleihen in Lokalwährung investiert.
Bei US-Staatsanleihen bevorzugen wir angesichts der Schwankungen im 10-jährigen Bereich den 30-jährigen Abschnitt der Zinskurve. Wir haben außerdem Positionen in inflationsindexierten Anleihen aufgebaut und sind angesichts hoher Bewertungen bei Credits untergewichtet. Dort favorisieren wir Investment Grade-Papiere gegenüber High Yield-Bonds.
In unseren Multi-Asset-Portfolios ist der Aktienteil am US-Markt untergewichtet und in Europa sowie Asien übergewichtet. Die Positionen in Europa sind über verschiedene Länder und Sektoren diversifiziert; in Asien zählen Korea, Hongkong und Indonesien zu unseren bevorzugten Märkten.
Unsere Investmentteams haben die Chancen genutzt, die sich insbesondere in der ersten Quartalshälfte aus verstärkten Marktschwankungen ergaben. Ein gemeinsames Thema in den US-, Europa- und Asien-Portfolios war der Ausbau des Engagements im Technologiebereich. Das gilt insbesondere für Halbleiterproduzenten und Dienstleister mit KI-Bezug. Hierbei profitierten wir von Bewertungen, die in einigen Fällen auf Niveaus nahe den Tiefstständen des Jahres 2022 gefallen waren.
Unser längerfristiger Ausblick in punkto Innovationen ist unverändert. Halbleiter-Chips werden immer leistungsfähiger, die KI-Fähigkeiten nehmen mit der Rechenleistung zu, neue Märkte für Computing und KI entstehen. Außerdem sehen wir in KI-Agenten und Roboter-KI neue Anwendungen für Künstliche Intelligenz, welche die Nachfrage nach höherer Rechenleistung weiter ankurbeln können.
In Europa haben wir unsere Position im Rüstungssektor reduziert. Wir sehen nach wie vor Potenzial in diesem Bereich, halten aber eine sorgfältige Auswahl für erforderlich. In einigen Marktsegmenten hat sich eine übermäßige Euphorie bemerkbar gemacht. Tatsächlich sind die Zeithorizonte für die Bereitstellung neuer Waffensysteme länger, als vielen bewusst ist.
In anderen Bereichen und in allen Portfolios haben sich unsere Investmentteams auf individuelle Aktienchancen konzentriert, die von Industrieunternehmen über Spezialfinanzdienstleister bis hin zum Automobilsektor reichen. Wir haben auch selektiv Aktien aus dem Gesundheitssektor hinzugefügt, die politisch unter Druck geraten sind.
Im Rahmen unserer globalen Infrastrukturstrategie haben wir die Kurserholung bei europäischen und US-amerikanischen Versorger dazu genutzt, um neue Engagements in Asien, insbesondere in Indien, sowie in anderen Schwellenländern einzugehen.
In unseren Asien-Portfolios haben wir außerdem unsere Positionen in indischen Unternehmen aufgestockt, die relativ unabhängig von Umsätzen im Ausland und damit von Zöllen sind. Reduziert haben wir einige unserer Engagements in regionalen Finanzwerten, im Raum Greater China und zuletzt in ausgewählten Telekommunikationstiteln.
In Japan sind wir mit einer eher konservativen Risikoposition in das Quartal gestartet und haben selektiv einige Einzeltitel hinzugefügt. Nach wie vor bestehen zahlreiche Chancen, die sich aus der Verbesserung der Lage japanischer Unternehmen ergeben. Die Gewinne entwickeln sich nach wie vor solide und sind im Geschäftsjahr, das im März 2025 endete, um 9,8 % gestiegen. Im April kündigten japanische Unternehmen Aktienrückkäufe in einem Rekordvolumen von 3,8 Billionen Yen an – das ist fast dreimal so viel wie vor einem Jahr (1,3 Billionen Yen)**. Insgesamt wollen japanische Unternehmen 5 % ihrer eigenen Aktien zurückkaufen und positionieren sich damit als größte Nettokäufer am Markt.
Im vollständigen Beitrag erläutern unsere Investmentteams für Aktien und Multi-Asset-Anlagen, wie sie das letzte Quartal bewältigt haben, indem sie sich an die veränderte Marktdynamik angepasst haben und gleichzeitig ihrer Anlagephilosophie sowie ihrem Investmentprozess treu geblieben sind.
Wir leben in einer sich rapide verändernden Welt, in der die Entscheidung für Innovationen, allen voran KI, keine bloße Option ist, sondern überlebenswichtig. Auch die Marktstruktur wandelt sich, da ein breiterer Zugang und immer modernere Technologien die Bandbreite und das Tempo von Kursänderungen neu definieren. Für Investoren muss das kein Nachteil sein. Denn ein leichterer und breiterer Marktzugang bedeutet auch mehr stimmungsgetriebene Marktbewegungen, aus denen sich Chancen ergeben, die wir als aktive Manager ausnutzen können.
Als Investoren und Manager des Kapitals unserer Kunden ist es unser Ziel, widerstandsfähige Portfolios zu bilden, die sich langfristig bewähren. Wir folgen nicht blindlings den durch Marktbewegungen ausgelösten Wellen von Panik oder Euphorie. Entscheidend sind für uns vielmehr eigenständiges Denken, robuste Investmentprozesse und Anpassungsfähigkeit für unterschiedliche Marktbedingungen, damit wir für unsere Kunden sehr gute risikobereinigte Langfristrenditen erzielen können.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme und interessante Lektüre.
* Bloomberg, Juli 2025, Gesamtrenditen in US-Dollar. Referenzindex: MSCI Emerging Markets Index
** M&G, Morgan Stanley MUFG Research – Japan Equity Strategy, 4. Juni 2025
Der Wert der Vermögenswerte des Fonds und die daraus resultierenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben.