Aktien & Multi Asset: Ausblick 2023 – Q1 2023

20 min zu lesen 30 Jan. 23

2023: Mit Überraschungen rechnen

  • Weltweite Pandemie, Krieg in Europa: In den letzten drei Jahren haben wir gelernt, unsere Denkweise zu verändern – von „was ist zu erwarten“ zu „was ist nicht zu erwarten und worauf sind wir daher nicht vorbereitet“. 
  • Es gibt Anzeichen für eine nachlassende Inflation. Daher wird sich das Narrativ an den Märkten im Jahr 2023 zwangsläufig verlagern: Von der Frage „wie weit werden die Zentralbanken die Zinsen anheben“ zu „wie stark wird sich das Wachstum verlangsamen“.
  • Während die Märkte auf eindeutige Anzeichen für die Entwicklung von Inflation und Wirtschaft warten, werden wir wahrscheinlich weiterhin volatile Märkte sehen, wie schon zu Beginn des Jahres.
  • Eine tiefe und langanhaltende Rezession halten wir nicht für eingepreist – weder global noch regional. Sie würde unserer Meinung nach zu einer weiteren Schwäche der Aktienmärkte führen.
  • Sollte eine schwere Rezession eintreten, scheint der Anleihemarkt besser positioniert zu sein als der Aktienmarkt: Die Bewertungen und Renditen sind dort so attraktiv, dass sie die künftigen Risiken ausgleichen sollten.
  • Besonders in Europa verfestigen sich die Erwartungen einer Rezession immer mehr. Fällt sie schwächer aus als erwartet, könnte dies ein unerwarteter Bonus sein und die Aktien nach oben treiben.
  • Im Moment sieht es so aus, als ob 2023 eine Fortsetzung von 2022 wird: Selektion bleibt der Haupttreiber für Alpha.
  • Das komplexe makroökonomische Umfeld bringt sowohl Aufwärts- als auch Abwärtsrisiken mit sich. Entsprechend suchen wir weiterhin nach den „bekannten Unbekannten“ – in der Hoffnung, ein wenig Licht auf die „unbekannten Unbekannten“ zu werfen.
  • Was auch immer das Jahr 2023 bereithält: Wir rechnen mit Überraschungen.

Die Inflation scheint weltweit ihren Höhepunkt zu erreichen. Daher wird sich die Diskussion an den Märkten zwangsläufig verlagern: Bisher stand die Frage nach dem Tempo und dem Verlauf der Zinserhöhungen im Fokus; künftig könnte es stärker um die zu erwartende Tiefe und Dauer der weltweiten Konjunkturschwäche gehen. Und wenn tatsächlich eine schwere globale Rezession bevorsteht? Dann scheint der Rentenmarkt besser positioniert zu sein als der Aktienmarkt: Die überzeugenden relativen Bewertungen und Renditen gleichen die bevorstehenden Risiken aus – besonders wenn wir damit rechnen, dass die Inflation zurückgeht und die Zinserhöhungen kurz vor dem Ende stehen. Die letzten drei Jahre haben uns jedoch eines gelehrt: Man sollte sich vor dem Unerwarteten hüten. Besonders in Europa verfestigen sich die Rezessionserwartungen immer mehr. Sollte die Rezession schwächer ausfallen als erwartet – vielleicht angesichts einer Normalisierung des Energiemarktes –, könnte dieser unerwartete Bonus die Aktienkurse antreiben. Bis sich die Datenlage klärt, werden die Aktienmärkte wahrscheinlich einen volatilen Start ins Jahr 2023 erleben. Die Einzeltitelauswahl bleibt der Schlüssel, um Alpha zu erzielen. Dabei finden wir weiterhin attraktive Möglichkeiten in allen Anlageklassen, Regionen und Sektoren. Uns ist bewusst, wie komplex das aktuelle makroökonomische Umfeld ist – und dass es sowohl Aufwärts- als auch Abwärtsrisiken mit sich bringt. Entsprechend suchen wir weiterhin nach den „bekannten Unbekannten“ – in der Hoffnung, ein wenig Licht auf die „unbekannten Unbekannten“ zu werfen. Was auch immer das Jahr 2023 bereithält: Wir rechnen mit Überraschungen.

 

Fabiana Fedeli,
Chief Investment Officer – Equities, Multi Asset & Sustainability

Die Welt hat sich verändert und wir uns auch. Weltweite Pandemie, Krieg in Europa: In den letzten drei Jahren haben wir als Investoren gelernt, unsere Denkweise zu verändern. Statt „was ist zu erwarten“ fragen wir jetzt: „Was ist nicht zu erwarten und worauf sind wir daher nicht vorbereitet?“

Wie schon gesagt: Wir suchen nach den „bekannten Unbekannten“ – in der Hoffnung, ein wenig Licht auf die „unbekannten Unbekannten“ zu werfen. Wir haben uns diese Denkweise beim Verfassen dieses Ausblicks 2023 zu eigen gemacht. Die Schlussfolgerungen lesen sich vielleicht ähnlich wie das, was wir in einer weniger ereignisreichen Zeit geschrieben hätten. Doch möglicherweise halten wir die Tür für alternative Szenarien noch bewusster offen.

Die Inflationsdaten und die Zentralbanken haben in den letzten Monaten des Jahres 2022 weiterhin die meisten Marktbewegungen bestimmt. Doch der Inflationsdruck scheint weltweit seinen Höhepunkt zu erreichen. Daher wird sich das Narrativ an den Märkten im Jahr 2023 zwangsläufig verlagern: Von der Frage „wie weit werden die Zentralbanken die Zinsen anheben“ zu „wie stark wird sich das Wachstum verlangsamen“. Wie entwickelt sich der Markt? Haben Aktien oder festverzinsliche Wertpapiere die besseren Karten? Dies wird davon abhängen, ob die Verlangsamung stärker oder schwächer ausfällt als derzeit erwartet – und wie lange sie andauern wird.

Während die Märkte auf klarere Anzeichen warten, werden wir zu Beginn des Jahres 2023 wahrscheinlich weiterhin volatile Märkte erleben. Neben den neuen Daten zum globalen Wachstum gibt es zwei weitere mögliche Quellen für Volatilität. Erstens schwächt sich die Inflation in vielen Ländern ab. Denn die höheren Zinsen dämpfen zwar die Nachfrage, und die Lieferketten erholen sich. Doch der angespannte Arbeitsmarkt (insbesondere in den USA) dürfte den Inflationsdruck im Jahr 2023 weiter begünstigen. Zweitens nähern wir uns tatsächlich dem Licht am Ende des „Tunnels der Zinserhöhungen“: Im Laufe der ersten Jahreshälfte 2023 werden die Zentralbanken die Zinsen wahrscheinlich nicht weiter erhöhen. Angesichts dessen keimt an den Märkten die Hoffnung auf, dass die Fed im weiteren Verlauf des Jahres die Zinsen senken wird. Ich halte dies für unwahrscheinlich: Es sei denn, es entwickelt sich eine kräftige US-Rezession mit Inflationsraten nahe 2 %. Doch das ist nicht unser Basisszenario. Meiner Meinung nach wird die Fed auf solche Markterwartungen mit einer scharfen Rhetorik reagieren. Ansonsten liefe sie Gefahr, die monetären Bedingungen de facto zu lockern, indem sie die Zinserwartungen senkt. Damit wiederum würde sie sich die eigene Arbeit erschweren – und möglicherweise zu einer stärkeren und längeren Straffung gezwungen sein.

Wir alle wissen, dass Aktien keine Rezessionen mögen. Eine tiefe und langanhaltende Rezession halten wir nicht für eingepreist – weder global noch regional. Sie würde unserer Meinung nach zu einer weiteren Schwäche der Aktienmärkte führen. Der S&P 500-Index ist gegenüber dem Stand vor der Coronakrise um ca. 22 % gestiegen. Der Abstand von Höchst- zu Tiefststand liegt bei weniger als der Hälfte der rund 55 %, die in der globalen Finanzkrise 2007-08 zu Buche standen.1 Zahlen, die klar gegen panische Rezessionsängste sprechen.

Und wenn wir von einer schwereren globalen Rezession ausgehen? Dann scheint der Anleihemarkt besser dazustehen als der Aktienmarkt. Die überzeugenden relativen Bewertungen und Renditen schaffen ein Gegengewicht zu den anstehenden Risiken: Besonders wenn wir davon ausgehen, dass die Inflation zurückgeht und ein Ende der Zinserhöhungen bevorsteht. Die letzten drei Jahre haben uns jedoch eines gelehrt: Man sollte sich vor dem Unerwarteten hüten. Besonders in Europa verfestigen sich die Rezessionserwartungen immer mehr. Sollte die Rezession schwächer ausfallen als erwartet – vielleicht angesichts einer Normalisierung des Energiemarktes –, könnte dieser unerwartete Bonus die Aktienkurse antreiben. Bis sich die Datenlage klärt, werden die Aktienmärkte wahrscheinlich einen volatilen Start ins Jahr 2023 erleben.

Im Moment sieht es so aus, als ob 2023 eine Fortsetzung von 2022 wird: Einzeltitelauswahl bleibt der Haupttreiber für Alpha. Dazu gehört es, tief in die Details einzusteigen. Die jüngsten Gewinnvorankündigungen, Verkaufsdaten und ersten Gewinnmitteilungen für das vierte Quartal 2022 zeigen dasselbe Bild wie im abgelaufenen Jahr: Unternehmen aus denselben Ländern und Sektoren melden sehr unterschiedliche Ergebnisse. Einige überstehen den Sturm besser als andere: Dank einer stärkeren Marktposition, anderen Schwerpunkten, einer starken Bilanz – und in vielen Fällen auch dank eines besseren Managements.

Im Moment sieht es so aus, als ob 2023 eine Fortsetzung von 2022 wird: Einzeltitelauswahl bleibt der Haupttreiber für Alpha.

Das komplexe makroökonomische Umfeld birgt Aufwärts- und Abwärtsrisiken. Eine überzeugende Lösung des Krieges in der Ukraine erscheint derzeit weit entfernt. Sie wäre jedoch ein entscheidender Vorteil – in erster Linie aus humanitärer Sicht, aber auch durch eine Entlastung der Lieferketten für Rohstoffe. Wir beobachten jedoch auch andere Datenpunkte, die den Markt beeinflussen: Die Entwicklung der Arbeitsmärkte in den Industrieländern (besonders in den USA) und die anhaltenden Herausforderungen bei der Energieversorgung. Bleiben die Arbeitsmärkte stark, könnte dies zu weiterem Inflationsdruck führen. Verschlechtert sich die Lage, könnten die Entscheidungsträger andere Aspekte als die Inflationsbekämpfung in den Fokus nehmen. Und auch wenn die Stabilisierung der Öl- und Gaspreise entlastend wirkt: Die längerfristigen Herausforderungen einer Neugestaltung des weltweiten Energiemix bleiben bestehen.

Unser Multi Asset Team ist sich bewusst, dass die Anleihemärkte derzeit attraktiver aussehen als Aktien. Sie sind sich auch der Volatilität bewusst, die vor uns liegen könnte – und der Faktoren, die das Bild schnell verändern könnten. Darum sind wir in unseren Portfolios neutral gegenüber Aktien positioniert; bei der Duration sind wir eine leichte Übergewichtung eingegangen. Die Durationsposition stützt sich auf das lange Ende der US-Renditekurve und auf Lokalwährungsanleihen von Schwellenländern. Letztere könnten von einem Höhepunkt des US-Dollar-Zyklus profitieren. Wir bevorzugen dabei vor allem lateinamerikanische Staatsanleihen: Angesichts der hohen realen Renditen und der Aussicht, dass die Inflation vorerst weitgehend unter Kontrolle zu sein scheint.

Bei den Aktien haben wir aus Länderperspektive China weiter aufgestockt. Wir gehen nach wie vor selektiv vor. Seit der Aufstockung im zweiten Halbjahr 2022 haben wir einige Titel veräußert, die sich stark entwickelt hatten. Stattdessen haben wir in andere Titel investiert, die noch angemessen bewertet waren. Wir halten die Wiedereröffnung nach Corona für einen starken Katalysator: Sowohl für die chinesische heimische Wirtschaft als auch für das übrige Asien und – über die erhöhte Rohstoffnachfrage – für andere Schwellenländer. Eine gewisse kurzfristige Volatilität könnte durch eine verzögerte Erholung der Makrodaten entstehen: angesichts kurzfristigen Gegenwinds aufgrund der hohen COVID-19-Infektionsraten und des frühen chinesischen Neujahrsfestes. Wir sind jedoch der Meinung, dass der Markt dies letztlich hinter sich lassen wird.

Attraktive Anlagemöglichkeiten sehen wir in Südkorea. Dessen Unternehmen können von der Wiedereröffnung und Stabilisierung Chinas ebenso profitieren wie von einer Wende im globalen Technologiezyklus – besonders bei Halbleitern. Auch in Lateinamerika finden wir eine Reihe attraktiv bewerteter Titel, die von der globalen Inflation der Rohstoffpreise profitieren. Im Falle Mexikos wirkt sich zudem eine weitere Verlagerung in näher gelegene Märkte positiv aus. In Brasilien bleiben die Anleger verständlicherweise nervös, was die Rückkehr von Präsident Lula und die Wirtschafts- und Steuerpolitik seiner Regierung angeht. Zu berücksichtigen ist ein zersplitterter Kongress, der einige der eher marktfeindlichen Maßnahmen der Lula-Regierung verwässern könnte. Ein Faktor ist auch die Vermeidung von Aktien, die für politische Interventionen anfällig sind. Unter dem Strich sind wir zuversichtlich, dass wir mit einigen brasilianischen Aktien weiter Alpha generieren können.

Die Wertentwicklung in den Schwellenländern war 2022 in den verschiedenen Sektoren und Ländern sehr unterschiedlich. In diesem Jahr könnten die Unterschiede zwischen einzelnen Aktien weiter zunehmen. Die Investoren konzentrieren sich jenseits makroökonomischer Überlegungen auf die Chancen einzelner Titel. Die Schwellenländeraktien sind relativ gut positioniert – doch es besteht ein großes Risiko: Ein langsameres Wachstum, nachlassende Inflation und ein Ende der US-Zinserhöhungen könnten die Zentralbanken der Schwellenländer zu Zinssenkungen verleiten. Investoren werden verfrühte Schritte wahrscheinlich misstrauisch beäugen.

Außerdem sind wir nach wie vor von japanischen Aktien überzeugt und sehen darin eine attraktive langfristige Anlagemöglichkeit. Die Bank of Japan hat jüngst die Steuerung der Zinskurve angepasst („Yield Curve Control“); das hat zu einem steigenden Yen geführt. Dies wird die Margen von Exporteuren und hoch verschuldeten Unternehmen wahrscheinlich unter Druck setzen. Dennoch finden wir eine Reihe von Firmen, deren operative Lage sich verbessert. Dies könnte sich positiv auf das Gewinnwachstum auswirken und zugleich die Rendite für die Aktionäre steigern – dank erhöhter Dividenden und Rückkäufen eigener Aktien.

Aus sektoraler Sicht sehen wir im Technologiebereich weiterhin attraktive Möglichkeiten. Der Gesamtsektor könnte aufgrund höherer Zinsen und gestiegener Kapitalkosten weiterhin unter Druck stehen. Innerhalb des Sektors ist das Bild jedoch sehr differenziert. Vor allem die Halbleiterindustrie profitiert von den langfristigen strukturellen Trends.

In den Schwellenländern (...) könnten die Unterschiede zwischen einzelnen Aktien weiter zunehmen. Die Investoren konzentrieren sich jenseits makroökonomischer Überlegungen auf die Chancen einzelner Titel.

Ein Bereich, der scheinbar den Reset-Knopf gedrückt hat, ist das Nachhaltigkeits-Ökosystem. Die meisten nachhaltigen Anlagestrategien hatten es 2022 nicht einfach. Inflation, steigende Zinsen und der schreckliche Krieg in der Ukraine: Diese Kombination führte dazu, dass sich die Anleger auf Value-Aktien, Rohstoff-, Rüstungs- und Banktitel konzentrierten – weg von den Aktientypen, die typischerweise bei nachhaltigen und Impact-Strategien dominieren. Der starke Kursrückgang im Jahr 2022 hat den „ESG-Bonus“ beseitigt, der einigen nachhaltigen Aktien gegen Ende 2021 zugebilligt wurde. Dies bietet gute Einstiegsmöglichkeiten, auch angesichts des strategischen Wandels hin zu diversifizierten Energiequellen und Verbrauchssenkungen. Hinzu kommen die erheblichen öffentlichen Investitionen in erneuerbare Energien auf beiden Seiten des Atlantiks. Unter dem Strich bestehen in diesem Bereich weiterhin sehr attraktive Anlagemöglichkeiten.

Und lassen Sie uns den Markt für Wandelanleihen nicht aus den Augen verlieren. Er ist 2023 mit höheren Renditen und geringerer Aktiensensitivität gestartet als in den Jahren davor. Mehr als 20% der weltweiten Wandelanleihen werden heute zu weniger als 80% ihres Nennwerts gehandelt – bei einer Rendite von über 10%. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass die Neuemissionen 2023 ein Volumen von 70-80 Mrd. US-Dollar erreichen werden. Dies entspräche ungefähr dem Niveau vor der Coronakrise. Angesichts einer Marktgröße von 356 Mrd. US-Dollar (Stand Ende 2022) würde dies die Marktmerkmale deutlich verändern. Wandelanleihen sind für Unternehmen attraktiv, da ihr Kupon in der Regel niedriger ist als bei reinen Schuldtiteln. Im Gegenzug bieten sie die Möglichkeit zur Umwandlung in Aktien. Dies könnte zu einer größeren Vielfalt von Emittenten auf dem Markt für Wandelanleihen führen: ob bei Hochzinsanleihen oder bei Investment-Grade-Emittenten, die ihre Bilanzen optimieren.

Wir sind vorbereitet und für 2023 positioniert. Und ich kann es gar nicht oft genug betonen: Wir setzen die Suche nach den „bekannten Unbekannten“ fort und hoffen, ein wenig Licht auf die „unbekannten Unbekannten“ zu werfen. Wir sind auf Überraschungen gefasst. Jetzt ist nicht die Zeit für große makroökonomische Entscheidungen. Jetzt zählt es, den Daten zu folgen und die Chancen zu nutzen. Und es bleibt wichtig, selektiv vorzugehen.

Tauchen Sie auf den folgenden Seiten tiefer in die einzelnen Themen ein. Folgen Sie den Einschätzungen des M&G Multi Asset Teams; und lesen Sie, wie unsere Equities Investment Experten die Lage auf regionaler oder thematischer Ebene einschätzen. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre und ein glückliches, gesundes und erfolgreiches 2023.

Fabiana Fedeli

Chief Investment Officer, Aktien, Multi Asset und Nachhaltigkeit

1 Quelle: Gesamterträge in US-Dollar. Zeitraum von Anfang bis Ende der Coronazeit: 14. Februar 2020 bis 10. Januar 2023. Zeitraum vom Höhepunkt bis zum Tiefpunkt der Weltfinanzkrise: 10. Oktober 2007 bis 3. März 2009. Jüngster Zeitraum zwischen Höchststand und Tiefststand: 31. Dezember 2021 bis 10. Januar 2023.

Steven Andrew,
Fund Manager, Multi Asset

Q4 2022: Renditen der US-Staatsanleihen auf Achterbahnfahrt

Die Inflationsdaten und die Zentralbanken haben in den letzten Monaten des Jahres 2022 weiterhin die meisten Marktbewegungen bestimmt. Die US-Verbraucherpreise stiegen langsamer als erwartet, und die Zentralbanker schlugen einen sanfteren Ton an: Das schürte die Erwartung, dass sich die Zinserhöhungen verlangsamen könnten. Dies wiederum trieb über weite Strecken des vierten Quartals 2022 die Risikoaktiva nach oben und die Renditen von Staatsanleihen nach unten; letztere hatten Ende Oktober ihren Höchststand erreicht. Im Dezember signalisierten die Zentralbanken zwar ein langsameres Tempo der Zinserhöhungen, zugleich aber einen höheren Zinsgipfel. In Verbindung mit dem zunehmenden Gegenwind für das Wirtschaftswachstum führt dies zur Rückkehr einer risikoscheuen Stimmung und zu höheren US-Renditen.

Die starken Schwankungen bei den Renditen von Staatsanleihen sind ein gutes Beispiel für die taktischen Möglichkeiten, die wir 2022 nutzen wollten. Ende Oktober haben wir unser Engagement in langlaufenden US-Staatsanleihen erhöht. Diese waren in Erwartung der November-Inflationszahlen aggressiv abverkauft worden. Die Belohnung kam nach der raschen Kehrtwende an den Märkten. Darauf haben wir unser Engagement in US-Staatsanleihen mit 30-jähriger Laufzeit wieder zurückgefahren – und zwar bevor diese in den letzten Wochen des Jahres erneut unter Verkaufsdruck gerieten. Bei den Aktien blieben wir insgesamt neutral bis leicht positiv positioniert.

2023: Wachstum und Inflation sinken, doch Bewertungen und Volatilität bieten Chancen für aktive Multi Asset-Investoren

  • Verbesserte Bewertungen können längerfristig zu potenziell höheren Renditeerwartungen führen
  • Anhaltende Marktvolatilität bietet Chancen für eine taktische Vermögensallokation
  • Höhere Renditeniveaus unterstützen die Abkopplung der Anlageklassen („Dekorrelation“)

Nach den Rückschlägen im Jahr 2022 haben sich die meisten Anlageklassen wieder weitgehend erholt. Wir sollten uns jedoch bewusst sein, dass der strategische Wert vom Umfeld abhängt. Das aktuelle makroökonomische Umfeld bleibt sehr komplex und oft widersprüchlich. Es bestehen sowohl Abwärts- als auch Aufwärtsrisiken.

Sehr genau beobachten wir auch die Entwicklung der Arbeitsmärkte in den Industrieländern (besonders in den USA). Bleiben die Arbeitsmärkte stark, könnte dies zu weiterem Inflationsdruck führen. Verschlechtert sich die Lage, könnten die Entscheidungsträger andere Aspekte als die Inflationsbekämpfung in den Fokus nehmen. Die Energiekrise behalten wir ebenfalls im Blick, auch wenn die zwischenzeitliche Stabilisierung der Öl- und Gaspreise entlastend wirkt: Die längerfristigen Herausforderungen einer Neugestaltung des weltweiten Energiemix bleiben bestehen.

Was bedeutet das für die Zukunft? Wir halten es nach wie vor für unerlässlich, taktisch zu handeln und auf veränderte Risiko- und Renditebewertungen zu reagieren. Derzeit pendelt die Stimmung der Anleger zwischen Inflationsangst und Furcht vor einer Abschwächung der wirtschaftlichen Fundamentaldaten. Wir sehen jedoch keine Anzeichen für eine Polarisierung der Erwartungen. Mit anderen Worten: Es fehlt die extreme Volatilität an den Aktienmärkten, die normalerweise mit ängstlichen und von Rezessionssorgen getriebenen Investoren in Verbindung gebracht wird.

Wir halten die Bewertungen der Aktienmärkte nicht für übertrieben hoch; die Kurse bleiben jedoch anfällig für eine weiter verschlechterte Stimmung und mögliche Gewinnrückgänge. Klar ist uns, dass im aktuellen makroökonomischen Umfeld Raum für positive Überraschungen bleibt. Wir sind gegenüber Aktien insgesamt neutral positioniert. Dabei bevorzugen wir günstigere Aktienmärkte anstelle der USA, besonders Europa und Japan.

Die Renditen an den Märkten für festverzinsliche Wertpapiere sind so attraktiv wie lange nicht mehr. In diesem Bereich sehen wir mehr Möglichkeiten für Erträge und Diversifizierung. Besonders die US-Duration könnte im Falle einer harten Landung und/oder eines Politikwechsels als nützliche Diversifikationsquelle dienen. Wir haben in unseren Portfolios die Duration etwas übergewichtet. Die Kreditmärkte bieten derzeit attraktive nominale Renditen. Einige unserer Portfolios berücksichtigen Bankkredite sowie bestimmte Lokalwährungsanleihen von Schwellenländern. Letztere dürften von einem Wendepunkt des US-Dollar-Zyklus profitieren. In diesem Bereich bevorzugen wir besonders lateinamerikanische Staatsanleihen. Wir halten weiterhin erhöhte Cash-Positionen, die wir schnell einsetzen können, wenn sich Gelegenheiten bieten.

Daniel White,
Head of Global Equities

Was sollten globale Aktienanleger im Jahr 2023 erwarten – und darüber hinaus?

Die Aussichten sind sehr ausgewogen.

Das makroökonomische Bild ist weiterhin düster. Doch viele Aktienkurse sind bereits gefallen. Die Bewertungen vieler Unternehmen und Sektoren haben ein Niveau erreicht, bei dem man sagen kann: Ein erheblicher Teil der „schlechten Nachrichten ist bereits eingepreist“. Diese Spannung wird wahrscheinlich zu einer Phase der Volatilität und Unsicherheit führen. Doch sie kann auch Chancen bringen.

Welche „erwarteten Überraschungen“ für 2023 sollten globale Aktienanleger angesichts dessen im Blick behalten?

Banken erreichen früh die Talsohle

2023 wird es wahrscheinlich eine weltweite Rezession geben. Daher ist die Vorsicht der Investoren gegenüber dem Bankensektor verständlich.

Der Sektor ist attraktiv bewertet, verfügt über solide Eigenkapitalquoten und wird von relativ günstigen Trends bei der Kreditqualität gestützt. Dennoch hatten die Aktienkurse im Bankensektor in rezessiven Umfeldern stets zu kämpfen. Rezessionen bringen für Banken immer einige Überraschungen mit sich. Angesichts des Tempos der Zinserhöhungen und der Rücknahme der Zentralbankliquidität wird dies 2023 wahrscheinlich ebenso sein.

Die Entwicklung dürfte 2023 also ähnlich verlaufen wie in früheren Zyklen. Die Kurse von Bankentiteln erreichen ihren Tiefpunkt jedoch in der Regel früh. Sollte man also auf eine positive Entwicklung der Makrodaten warten, bevor man in den Sektor investiert? Dann ist es in der Regel zu spät, und die besten Aussichten auf Alpha werden verpasst.

Die Gewinnprognosen für den Sektor wurden für 2023 bereits nach unten korrigiert: Der Markt beginnt, den Wendepunkt der Nettozinsmargen und andere Gegenwinde zu berücksichtigen. Daher ist das Potenzial für positive Überraschungen im Laufe des Jahres sehr groß. Dies gilt trotz der Rezessionssorgen auf beiden Seiten des Atlantiks; die Wahrscheinlichkeit einer Rezession ist angesichts des sich verlangsamenden Wachstums deutlich gestiegen. Im Vereinigten Königreich und in Europa bleibt das Umfeld schwierig. Dies drückt weiterhin auf die Gewinnspannen der Unternehmen und die Kaufkraft der privaten Haushalte. Auf der anderen Seite des großen Teichs ist die Fed nach wie vor entschlossen, die Inflation zu bekämpfen. Wenn sie ihren eher restriktiven Kurs beibehält, bis sich die Wirtschaftstätigkeit eindeutig verlangsamt und Arbeitsmarkt Schwäche zeigt, könnte dies zu einer tieferen Rezession in den USA führen. Ein länger anhaltender starker Dollar könnte die Schwellenländer belasten. China könnte sich jedoch als widerstandsfähiger erweisen und könnte sich schneller erholen, als die herrschende Meinung am Markt derzeit erwartet.

Die Pharmabranche und die US-Präsidentschaftswahlen

Zu einem gewissen Zeitpunkt im Jahr 2023 dürfte sich der Fokus der Anleger zunehmend auf die US-Präsidentschaftswahlen im November 2024 verlagern. Schon in diesem Jahr dürfte es eine Flut von Nachrichten geben. Das gilt besonders im Vorfeld der „Vorwahlen“, bei denen die wichtigsten Parteien ihre Kandidaten wählen. Dann werden die potenziellen Kandidaten debattieren, ins Rampenlicht drängen und ihre politischen Pläne vorstellen.

Der Pharmasektor gehört zu den Marktbereichen, die in der Vergangenheit in dieser Phase des politischen Zyklus anfällig war.

Ein Beispiel ist ein Tweet von Hillary Clinton im September 2015, also mehr als 12 Monate vor der Präsidentschaftswahl 2016. Darin zeigte sie sich empört über „ungerechtfertigte“ Preiserhöhungen bei Arzneimitteln. In den darauffolgenden Monaten entwickelten sich die Aktienkurse vieler Pharmaunternehmen stark unterdurchschnittlich.

Und wenn die politischen Ereignisse dem „Drehbuch von 2015“ folgen? Dann dürfte nach der starken Wertentwicklung 2022 das Abwärtsrisiko in diesem Jahr noch größer sein.

Doch der US-Präsidentschaftswahlzyklus 2024 könnte für die Pharmabranche auch zu einem „Non-Event“ werden. Die Demokraten haben jüngst ein Gesetz zur Preisgestaltung für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA verabschiedet. Der Kongress ist gespalten, und der Kandidat der Demokraten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der derzeitige US-Präsident. Das Risiko einer zunehmenden negativen Nachrichtenlage (also „unbekannter Unbekannter“) ist daher unserer Ansicht nach etwas geringer.

Der Technologiesektor ist keine „sichere Wette“ mehr

Das Jahr 2022 hat für den Technologiesektor eine große Veränderung gebracht. Zuvor hatte der Sektor acht Jahre lang Überrenditen erzielt. 2022 war dann absolut gesehen das schwächste Jahr seit der Weltfinanzkrise 2008. Relativ betrachtet war die Wertentwicklung sogar so schlecht wie seit 2002 nicht mehr (dem Jahr der „Dotcom-Blase“).

Dies wirft einige offensichtliche Fragen auf. Wie geht es mit dem Sektor weiter? Eröffnet der Rückschlag von 2022 eine hervorragende Kaufgelegenheit? Oder markiert es für Anleger den Beginn einer mehrjährigen schwierigen Phase, wie es 2002 der Fall war?

Wir glauben, dass die Antwort komplex und nuanciert ist. Der Gesamtsektor könnte unter den hohen Zinsen leiden. Diese wirken sich auf die Kapitalkosten und die Bewertungen von Wachstumswerten aus, also auch auf viele Technologieunternehmen.

Innerhalb des Technologiesektors sieht das Bild jedoch ganz anders aus. Vor allem Halbleiter profitieren von langfristigen strukturellen Trends: Sie werden in allen Bereichen verstärkt verbaut, von Elektrofahrzeugen über Industrieanwendungen bis hin zu Haushaltsgeräten. Ihre Aktienkurse spiegeln bereits einige kurzfristige makroökonomische Bedenken, und die Bewertungen sehen attraktiv aus.

Der Technologiesektor ist keine „sichere Wette“ mehr. Dennoch bietet der Sektor zahlreiche Möglichkeiten, wenn man längerfristig denkt – und weiterhin selektiv vorgeht.

Michael Stiasny,
Head of UK Equities

Für Anleger in Großbritannien heißt es: „Größe zählt“

Das Jahresende 2022 hat etwas Ruhe in ein ansonsten turbulentes Jahr an den britischen Märkten gebracht: Ein Jahr, in dem die katastrophale Innenpolitik ein ohnehin schon schwieriges Anlageumfeld noch weiter verkompliziert hat. Das vierte Quartal begann mit den Folgen des katastrophalen „Mini-Budgets“ der Regierung. Die Bank of England musste in die Gilt-Märkte eingreifen. Der neu ernannte Premierminister stellte anschließend einen fiskalisch weniger ambitionierten Herbsthaushalt vor. Dies trug dazu bei, dass der FTSE All Share Index im vierten Quartal 2022 eine starke Gesamtrendite von 8,7 % erzielte.2

Im Kalenderjahr erreichte der britische FTSE All Share Index ein kleines Plus von 0,3 %.2  Dies ist mehr als in den anderen großen Industrieländern: vor allem dank des hohen Anteils von großen Energie- und Bergbaufirmen. In Verbindung mit einem schwachen Pfund Sterling führte dies dazu, dass der auf Übersee ausgerichtete FTSE 100 Index eine positive Gesamtrendite von 4,7 % erzielte. Damit übertraf er den stärker auf das Inland ausgerichteten FTSE 250 Index um +22,0 % – die größte je verzeichnete Differenz.2

Weitere Überraschungen auf Lager

Die Aussichten des Vereinigten Königreichs für 2023 sind alles andere als positiv. Das zeigt der starke Rückgang des FTSE 250 Index im vergangenen Jahr. Die Anleger denken vor allem an die erwartete Schwäche von Wirtschaft und Währung, den anhaltenden Inflationsdruck und die Streitigkeiten zwischen Regierung und Gewerkschaften. Doch das Jahr 2022 hat für große Überraschungen gesorgt. Daher haben die Märkte die größten Ereignisse des Jahres 2023 wahrscheinlich noch nicht vorhergesehen oder eingepreist.

Die meisten Marktanalysten schätzen die Anlageperspektiven für das Vereinigte Königreich negativ ein. Ein weiteres Jahr mit einer überdurchschnittlichen Wertentwicklung wäre daher die bei weitem größte Überraschung. Wir würden dies nicht ausschließen. Mid- und Small-Caps könnten sich angesichts der attraktiven Bewertungen erholen. Und der FTSE 100 Index könnte die Prognosen widerlegen: Falls die Mischung aus höherer Inflation und höheren Zinssätzen anhält, könnte er ein weiteres starkes Jahr verzeichnen. Die Bewertungen im Vereinigten Königreich sind nach wie vor mit einem erheblichen Abschlag gegenüber den globalen Märkten versehen. Daran hat auch die überlegene Wertentwicklung des Jahres 2022 nicht viel geändert (siehe Abbildung 2).

Die historisch niedrigen Bewertungen britischer Unternehmen und die Währungsschwäche haben ebenfalls zu potenziell attraktiven Übernahmezielen geführt. Daher könnten namhafte Unternehmen die britischen Indizes verlassen. Wir stützen unsere Anlageentscheidungen nicht auf solche Spekulationen. Allerdings wären wir nicht überrascht, wenn ein großer Name aus dem Öl- und Gassektor oder dem Bergbau ein Übernahmeangebot erhalten würde. Unternehmen wie BP notieren mit einem erheblichen Abschlag gegenüber ihren US-Konkurrenten – auch nach einem starken Jahr 2022.

Auch britische Unternehmen mit großen Pensionszusagen stehen möglicherweise besser da als vom Markt erwartet. Die gestiegenen Zinsen haben die nicht kapitalgedeckten Verbindlichkeiten verringert oder sogar beseitigt. Weniger erfreulich ist, dass sich diese Vorteile noch verstärken werden: Denn auch die Sterblichkeitsraten steigen.4 Einige der schwerfälligen Industriegiganten könnten daher allmählich aus dem Schatten ihrer hohen Pensionsverpflichtungen heraustreten. Angesichts der negativen Schlagzeilen zu den britischen Pensionssystemen im Jahr 2022 könnte dies für die Anleger eine Überraschung sein.

Auch britische Unternehmen mit großen Pensionszusagen stehen möglicherweise besser da als vom Markt erwartet. Die gestiegenen Zinsen haben die nicht kapitalgedeckten Verbindlichkeiten verringert oder sogar beseitigt.

Nach einem schwierigen Jahr 2022 sehnen sich viele Investoren nach den globalen Anlagethemen zurück, die ihnen in den letzten zehn Jahren so gut gefallen haben. Sollten sich unsere Erwartungen bewahrheiten, könnte sich das Jahr 2023 jedoch als Wiederholung des Vorjahres herausstellen. Dann könnten die Old-Economy- und Value-Aktien den britischen Märkten erneut zugutekommen.

2 Quelle: Datastream, total returns, as at 30 December 2022

3 Quelle: Panmure Gordon, MSCI, Refinitiv, December 2022. *Blended (equal weight) average forward P/E, EV/EBITDA and P/B *GBP for UK and World to 30/12/2022

4Quelle:  Statista, https://www.statista.com/statistics/281478/death-rate-united-kingdom-uk/

Carl Vine,
Co‐Head of Asia Pacific Equities

Die Bank of Japan hat unsere „erwartete Überraschung“ für 2023 schon geliefert

Die Bank of Japan ändert ihre Politik zur Steuerung der Zinskurve („Yield Curve Control“, YCC). Auch wenn dieser Schritt überschaubar war, signalisiert er etwas Bedeutsameres: Die lang erwartete Normalisierung der japanischen Geldpolitik beginnt. Makropolitische Prognosen zu erstellen ist nicht unsere Aufgabe. Wir fanden jedoch, dass die japanische Geldpolitik nicht mit Wachstum, Inflation und Löhnen in Japan übereinstimmt. Alle drei Faktoren entwickeln sich so positiv, wie wir es in diesem Jahrhundert noch nicht erlebt haben. Es musste etwas geschehen.

Die Unternehmensgewinne in Japan haben sich 2022 gut entwickelt. Ein Großteil des Wachstums wurde jedoch durch einen schwachen Yen getrieben. Daher wird die jüngste Aufwertung der Währung den nächsten Gewinnrevisionen zweifellos den Glanz nehmen. Doch das Gesamtbild ist klar. Japan hat sich aus der strukturellen Deflation befreit. Dies wird wahrscheinlich ein günstiges Umfeld für das nominale BIP und Aktien schaffen. Die Normalisierung der Politik spiegelt gesündere wirtschaftliche Fundamentaldaten wider – und sie sollte gefeiert werden.

Während des gesamten Jahres 2022 haben wir japanische Aktien als überzeugende, langfristige Anlagemöglichkeit gesehen. Unsere Einschätzung hat sich nicht geändert. Der Kern unserer Anlagethese ist ein strukturelles Ertragswachstum, das in erster Linie auf die eigenen Maßnahmen der Unternehmen zurückzuführen ist.

Für 2023 rechnen wir mit einem Fortschreiten dieser „Selbsthilfe“ der Unternehmen, und wir erwarten ein weiteres Jahr mit solidem Gewinnwachstum. Die Veränderungsagenda der Firmen ist eine gute Nachricht für Aktienanleger. Die verbesserten Aussichten für Preise und Löhne tragen ebenfalls zu unserem langfristigen Optimismus bei. Auf längere Sicht scheint die Bühne frei zu sein – frei für ein weiteres Jahrzehnt mit hohem einstelligem Gewinnwachstum, zweistelligem Dividendenwachstum und jährlichen Aktienrückkäufen mit einem Volumen von 2-3 Prozentpunkten. Angesichts dessen könnte Japan in den kommenden zehn Jahren eine Gesamtrendite im mittleren zweistelligen Bereich erzielen: Sogar dann, wenn die niedrigen Bewertungen dazu keinen Beitrag leisten. Hinzu kommen die Chancen auf Alpha durch die Aktienauswahl in diesem schlecht abgedeckten Markt. Darum bleiben wir optimistisch für die langfristigen Perspektiven in Japan.

Dave Perrett,
Co‐Head of Asia Pacific Equities



In der ersten Hälfte des Jahres 2022 war ein Großteil der Region noch von coronabedingten Lockdowns geprägt. In diesem Jahr werden sich die asiatischen Volkswirtschaften endlich wieder öffnen. Einen kräftigen – wenn auch etwas verzögerten – Schub wird Asien auch durch die vollständige Öffnung Chinas erfahren; das Land ist der wichtigste Wirtschaftsmotor der Region. Dabei ist das Stichwort „verzögert“ wichtig. Chinas Wirtschaft beendete das Jahr 2022 mit einer sehr verhaltenen Stimmung. Der Immobilienmarkt ist extrem unter Druck, mit einem Rückgang von 50% bei Neubauten und Grundstücksverkäufen. Zudem belastet die derzeitige COVID-19-Welle den Konsum und die Geschäftstätigkeit. Die schwache Auslandsnachfrage wird als weiterer wesentlicher Gegenwind wirken. Zu allem Überfluss findet das chinesische Neujahrsfest in diesem Jahr früh statt – in der dritten Januarwoche. Daher wird sich die Entwicklung der Geschäftstätigkeit frühestens Mitte des ersten Quartals beurteilen lassen. Dies stellt die Märkte vor eine schwierige Entscheidung: Sollen sie sich eher auf die kurzfristige chinesische Wirtschaftsschwäche konzentrieren? Oder auf die Normalisierung nach Ende der Corona-Pandemie? Es liegt auf der Hand, dass eine erhebliche Marktvolatilität möglich ist. Denn der Markt könnte zwischen den beiden Richtungen hin- und hergezogen werden. 

Nun wollen wir uns nicht auf das Spiel der Prognosen einlassen, doch auf zwei Faktoren möchten wir in aller Bescheidenheit hinweisen. Der erste Faktor ist die Inflation. Sie ist in weiten Teilen Asiens und gerade auch in China niedriger als in den USA, dem Vereinigten Königreich und Europa – besonders wenn man den historischen Kontext betrachtet. Daher wurde die chinesische Wirtschaftspolitik auf breiter Front gelockert: durch niedrigere Zinssätze, durch die Steuerpolitik und durch entschärfte Beschränkungen im Immobilienbereich. Diese politische Lockerung konnte sich allerdings wegen der Null-COVID-Politik nicht voll entfalten. Die Lockdowns lasteten auf der Stimmung der Verbraucher und der Wirtschaftstätigkeit. Nach der jüngsten Änderung der Politik könnten diese Lockerungsmaßnahmen erste Früchte tragen.

Der zweite Faktor: Wettbewerbsfähige Währungen geben den asiatischen Entscheidungsträgern zusätzliche wirtschaftliche Flexibilität. Zugleich bergen sie das Potenzial für zusätzliche Erträge durch stärkere Währungen. Der Renminbi und andere regionale Währungen sind größtenteils frei schwankend. Gegenwärtig sind sie wettbewerbsfähig bewertet, da sie gegenüber dem US-Dollar an Wert verloren haben. Dies wird angesichts des derzeitigen Inflationsgefälles zwischen Asien und den westlichen Ländern immer öfter der Fall sein. Der fundamentale Abwärtsdruck auf die regionalen Währungen dürfte auf dem jetzigen Niveau nachlassen, und die lokalen Zentralbanken können ihre Geldpolitik flexibel gestalten. Irgendwann in der Zukunft dürfte eine Korrektur der Unterbewertung zu Wechselkursgewinnen führen.

Wichtig ist, dass chinesische Aktien trotz ihres jüngsten Aufschwungs größtenteils attraktiv bewertet sind: absolut gesehen und ganz besonders auch relativ betrachtet. Folglich werden die Anleger nach wie vor dafür bezahlt, dass sie – im Spannungsfeld zwischen kurzfristiger Schwäche und einer mittelfristigen COVID-19-Erholung – auf ein positives Ergebnis setzen.

Michael Bourke,
Head of Emerging Market Equities

Alle Augen auf China und die US-Notenbank

Die Aktien der Schwellenländer erlebten 2022 das schlechteste Jahr seit der Weltfinanzkrise. Der MSCI Emerging Markets Index beendete das Jahr in US-Dollar gerechnet mit einem Minus von 22%. Das war das sechste Jahr mit negativen absoluten Renditen in den letzten zehn Jahren.

Im Jahr 2023 dürfte sich das Wachstum verlangsamen, doch die Aktienrenditen könnten sich dennoch verbessern. Die Investoren stellen sich auf die Wiedereröffnung Chinas ein. Zugleich lässt der US-Zinsschock nach, da wir uns dem Höhepunkt des Fed-Zyklus nähern. Die Inflation ist für die Schwellenländer kein Problem; sie geht zurück, da die Schocks in den Lieferketten und bei den Rohstoffen nachlassen. Ein langsameres Wachstum, nachlassende Inflation und ein Ende der US-Zinserhöhungen könnten die Zentralbanken der Schwellenländer zu Zinssenkungen verleiten. Der Markt wird verfrühte Schritte wahrscheinlich argwöhnisch beäugen. Indien, Indonesien, Brasilien und Südafrika haben keinen geldpolitischen Spielraum. Südkorea und Taiwan dagegen werden stark von den gegensätzlichen Kräften der Erholung Chinas und einer sich abschwächenden Weltwirtschaft beeinflusst.

Unserer Meinung nach dürfte sich China besonders gut entwickeln. Dafür sollte die Kombination aus niedrigen Bewertungen und einer sich erholenden Wirtschaft sorgen. Die seit langem erwartete Wiedereröffnung Chinas könnte kurzfristig von den hohen COVID-19-Infektionszahlen beeinträchtigt werden. Doch unserer Meinung nach wird der Markt dies mit Blick auf das chinesische Neujahrsfest bald überwinden. Zugleich dürfte das Ende der Lockdowns in China die Rohstoffnachfrage ankurbeln. Das kann sich unserer Einschätzung nach positiv auf andere Schwellenländer auswirken. Viele Anleger versuchen sich immer noch eine Meinung zu zentralen Fragen zu bilden. Gilt Pekings Ziel eines „gemeinsamen Wohlstands“ auch für die Aktionäre? Begünstigen die Wiederöffnung und der größere Fokus auf wirtschaftliche Ergebnisse nach der Coronaphase die Unternehmen? Wir jedenfalls sehen derzeit einen attraktiven Zeitpunkt zum Einstieg.

Südkorea sieht ebenfalls sehr attraktiv aus. Das Land wird von der Wiedereröffnung und Stabilisierung Chinas ebenso profitieren wie von einer Wende im globalen Technologiezyklus, besonders bei Halbleitern. In Brasilien halten wir eine Reihe von Firmen für attraktiv bewertet. Das Land profitiert weiterhin von der globalen Rohstoffpreisinflation und den beeinträchtigten Versorgungsketten. Vorerst bleiben die Anleger verständlicherweise nervös, was die Rückkehr von Präsident Lula und die Wirtschafts- und Steuerpolitik seiner Regierung angeht. Zu berücksichtigen ist ein gespaltener Kongress, der einige der eher marktfeindlichen Maßnahmen der Lula-Regierung verwässern könnte. Ein Faktor ist auch die Vermeidung von Aktien, die für politische Interventionen anfällig sind. Unter dem Strich sind wir zuversichtlich, dass wir mit einigen brasilianischen Aktien weiteres Alpha erwirtschaften können.

Südkorea wird von der Wiedereröffnung und Stabilisierung Chinas ebenso profitieren wie von einer Wende im globalen Technologiezyklus.

Unter Schwellenländerinvestoren wird viel darüber diskutiert, ob die Bewertungen in Indien mittlerweile zu hoch sind oder nicht; sie liegen mehrere Standardabweichungen höher als früher. Die Unternehmen haben von der geld- und fiskalpolitischen Großzügigkeit während COVID-19 profitiert. Das hat die Kurse in die Höhe getrieben. Nun lassen die wirtschaftlichen Anreize nach. Daher werden die Anleger wahrscheinlich feststellen, dass andere Schwellenländer ein attraktiveres Risiko-/Ertrags-Verhältnis bieten, besonders wenn sich China wieder öffnet. Die Kurse in Indien befinden sich auf absoluten Höchstständen und sind höher als in den anderen Schwellenländern. Wir bleiben in Indien untergewichtet.

Die MENA-Region (ohne Nordafrika) verzeichnete ein sehr starkes Jahr 2022. Dank der hohen Energiepreise konnte die Region den globalen Problemen trotzen. Die regionalen Index-Schwergewichte erreichten Rekordniveaus. Diese Widerstandsfähigkeit könnte sich fortsetzen und die Geschichte des diversifizierten Wachstums vorantreiben – beispielsweise in Saudi-Arabien. Dort haben die Erstemissionen (IPOs) das Aktienangebot erweitert. Mit 4% hat Saudi-Arabien nun das sechstgrößte Gewicht aller Länder im MSCI EM Index. Damit nähert es sich dem Anteil von Brasilien, der bei 5% liegt (Stand: 31. Dezember 2022).

Die Wertentwicklung in den einzelnen Sektoren und Regionen verlief 2022 sehr unterschiedlich. Im Jahr 2023 könnten sich einzelne Aktien noch weiter auseinanderentwickeln: Denn die Investoren konzentrieren sich jenseits makroökonomischer Erwägungen auf die Chancen einzelner Titel. Wenn die US-Zinsen ihren Höhepunkt erreichen, dürften die Devisenmärkte der Schwellenländer davon profitieren. Das gilt besonders, wenn die dortigen Zentralbanken die Zinsen nur langsam senken. Dieses Umfeld ist nahezu perfekt für aktive Asset Manager.

Insgesamt sind Schwellenländer nach den meisten einfachen Maßstäben viel günstiger bewertet als Industriestaaten. Zudem beginnen sich die Erträge zu stabilisieren, während sie in den USA noch deutlich sinken müssen. Daher könnten wir eine überfällige Outperformance dieser Anlageklasse erleben.

Trotz der kurzfristigen Nachrichten-Seifenoper gilt: Die langfristigen Treiber der Schwellenländer sind nach wie vor intakt. Mexiko und die ASEAN-Länder werden vom Trend zu standortnäheren Rückverlagerungen profitieren („Near-Shoring“). Indien und Indonesien bleiben strukturelle Gewinner des Wachstums, auch wenn die dortigen Kursniveaus höher sind. Länder wie Südkorea und Taiwan haben weiterhin sehr starke Wettbewerbspositionen. Und die Stärke der MENA-Länder verleiht der Anlageklasse eine neue Tiefe.

Wie immer werden die Märkte veränderte makroökonomische Bedingungen in China und anderswo weit im Voraus einpreisen. In diesem unsicheren Umfeld halten wir an unserem fundamentalen „Bottom-up“-Ansatz fest – und wir sind weiterhin bereit, titelspezifische Gelegenheiten zu nutzen.

John William Olsen,
Head of Impact Equities

 

Für die meisten nachhaltigen Anlagestrategien war 2022 ein schwieriges Jahr. Inflation, steigende Zinsen, der schreckliche Krieg in der Ukraine: Diese Kombination führte dazu, dass sich die Anleger auf Value-Aktien, Rohstoff-, Rüstungs- und Banktitel konzentrierten – weg von den Aktientypen, die typischerweise bei nachhaltigen und Impact-Strategien dominieren.

Auf die Rotation folgte wenig überraschend die Debatte „Ist ESG tot oder zerstört es nur „Value“?“ – schrecklich fehlgeleitet, doch in gewisser Weise auch hilfreich. Sie hat dazu beigetragen, Anleger aufzuklären, Greenwashing zu bekämpfen und Definitionen zu schärfen. Der vorübergehende Rückschlag dürfte zusammen mit dem makroökonomischen Umfeld dazu beitragen, die Aktienmärkte im Jahr 2023 auf der Grundlage einiger Beobachtungen zu gestalten:

  1. Die veränderte Wahrnehmung hat den „ESG-Bonus“ bei einigen nachhaltigen Aktien beseitigt. Am ausgeprägtesten war dieser „Bonus“ gegen Ende 2021 bei Umweltaktien. Eine kräftige Neubewertung von weniger umweltfreundlichen Sektoren im Jahr 2022 hat den Markt weiter ausbalanciert.
  2. Wenn Unternehmen reale nachhaltige Ergebnisse liefern, haben sie langfristigen makroökonomischen Rückenwind. Denn die Welt braucht Lösungen – umso mehr in einer Welt mit höheren Zinsen, zunehmender Ungleichheit, Pandemien, schwächelnden Stromnetzen und Sorgen um die Energiesicherheit. Viele dieser Firmen sind in einer noch vorteilhafteren Lage als vor Jahresfrist.
  3. Die Rotation von Qualität zu Value könnte „einen kurzen Atem haben“: Es würde uns überraschen, wenn sie von längerer Dauer wäre. Unserer Meinung nach können hochwertige Unternehmen den „Zeiten-Test“ bestehen. Wann sind Unternehmen für uns hochwertig? Wenn sie dank eines Vorsprungs Werte schaffen können, die weit über ihren Kapitalkosten liegen. Und wenn sie externen Schocks wie Rezessionen, Kapitalknappheit und steigenden Inputkosten besser standhalten können. Grundsätzlich ist dies keine schlechte Position – vor allem, da die Zentralbanken die Kapitalkosten nicht mehr übertrieben niedrig halten. Auch das BIP-Wachstum könnte unter nachlassenden Globalisierungstrends, höheren Finanzierungskosten und eingeschränktem Zugang zu Wachstumskapital leiden.
  4. Firmen mit guten Cashflows, angemessenen Wachstumschancen und gesunden Renditen auf das investierte Kapital (ROIC) dürften im derzeitigen Umfeld weniger leiden als ausgeprägte „Value“- oder „Growth“-Titel. Wir gehen davon aus, dass Unternehmen mit umfangreichen Bilanzen und niedrigem ROIC stärker unter einem Abschwung leiden und höhere Kapitalkosten tragen müssen. Bereits jetzt ziemlich gelitten haben wachstumsstarke Unternehmen, deren Wert auf erhofften Cashflows in ferner Zukunft beruht. Der Zugang zu Kapital wird höchstwahrscheinlich auch 2023 eingeschränkt bleiben. Dies könnte die fundamentalen Aussichten für einige dieser kapitalhungrigen Wachstumstitel trüben.

Die mögliche Überraschung im Jahr 2023 könnte darin bestehen, dass sich die Investoren eher früher als später auf diese Sichtweisen einigen. Wir investieren weiterhin in Qualitätsunternehmen, die einen Wettbewerbsvorteil bieten. Nicht unbedingt aufregende oder „heiß diskutierte“, aber solide, gut positionierte Unternehmen. Dieses Marktsegment könnte 2023 für positive Überraschungen gut sein. Sogar für Portfolios mit begrenzten Veränderungen wie unseres hat die jüngste Marktvolatilität Gelegenheiten geboten, neue Positionen in einer Reihe attraktiver Unternehmen mit positivem „Impact“ einzugehen. Die Attraktivität basiert nicht unbedingt auf der für 2023 erwarteten Entwicklung dieser Unternehmen. Sie gründet auf der Wahrscheinlichkeit, wie gut die Firmen in den nächsten zehn Jahren gedeihen – und ob sie nach dem großen „Reset“ 2022 ein viel besseres langfristiges Aufwärtspotenzial bieten.

Leonard Vinville,
Head of Convertibles

Der Anteil hochverzinslicher Wandelanleihen mit niedrigem „Delta“ ist am Markt derzeit hoch

Der Markt für Wandelanleihen startet 2023 mit höheren Renditen und einer geringeren Aktiensensitivität als in den letzten Jahren. Mehr als 20% der weltweiten Wandelanleihen werden heute zu weniger als 80% ihres Nennwerts gehandelt – bei einer Rendite von über 10%. Infolge des Zinsanstiegs hat sich der Markt in seiner Form und seinen Merkmalen stark verändert. Hoch bewertete, wachstumsstarke Namen (ein großer Teil der jüngsten Emittenten von Wandelanleihen) wurden abverkauft. Bei einer beträchtlichen Anzahl von Anleihen liegt der Kurs daher deutlich unter dem Nennwert („Busted Convertibles“). Sie sind weit aus dem Geld („out-of-the-money“), bieten hohe Renditen, hohe Umwandlungsprämien und niedrige Deltas – sie reagieren also verhältnismäßig wenig auf Preisänderungen des Basiswerts. Dadurch sind sie eher mit reinen Anleihen vergleichbar.

Erholung beim Volumen der Neuemissionen erwartet

Für 2023 wird eine Erholung der Neuemissionen in Höhe von 20% des derzeitigen Marktvolumens erwartet. Im vergangenen Jahr brachen die Neuemissionen um 75% auf 40 Mrd. US-Dollar ein. Im Jahr 2021 waren es noch 148 Mrd. US-Dollar und 2020 sogar 159 Mrd. US-Dollar. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass die Neuemissionen 2023 ein Volumen von 70-80 Mrd. US-Dollar erreichen werden. Dies entspräche ungefähr dem Niveau vor der Coronakrise. Angesichts einer Marktgröße von 356 Mrd. US-Dollar (Stand Ende 2022) würde dies die Marktmerkmale deutlich verändern. Die Neuemissionen kommen als ausgewogene, im Geld („at-the-money“) befindliche Geschäfte herein. Sie werden die Umwandlungsprämie des Gesamtmarktes verringern und sein durchschnittliches Delta erhöhen. In Anbetracht der Marktbedingungen gehen wir davon aus, dass die meisten Neuemissionen Refinanzierungen und Umtausch/Rollover bestehender Anleihen sein werden. Diese sollten von den Investoren gut aufgenommen werden, da sie die Erlöse damit zu attraktiveren Bedingungen reinvestieren können.

Der Überraschungsfaktor im Jahr 2023? Mehr Vielfalt bei den Emittenten

Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass die Unternehmen in einem Umfeld höherer Zinssätze geringe Fremdkapitalkosten anstreben werden. Der Kupon ist bei Wandelanleihen in der Regel niedriger als bei reinen Schuldtiteln. Im Gegenzug bieten sie die Möglichkeit zur Umwandlung in Aktien. Dies könnte zu einer größeren Vielfalt von Emittenten auf dem Markt für Wandelanleihen führen: ob bei Crossover-/Hochzinsanleihen oder bei Investment-Grade-Emittenten, die ihre Bilanzen optimieren.

Fusionen und Übernahmen

Wir erwarten, dass M&A-Aktivitäten auch in diesem Jahr eine wichtige Rolle spielen werden. Im Jahr 2022 betrafen die Unternehmensaktivitäten 12% aller Rücknahmen von Wandelanleihen – ein Sechs-Jahres-Hoch. Unserer Meinung nach werden die niedrigeren Bewertungen und die geringe Größe vieler Emittenten von Wandelanleihen das Interesse größerer, liquiditätsstarker Unternehmen wecken. Dies könnte besonders die Sektoren Technologie, Gesundheitswesen und zyklische Konsumgüter betreffen. Solche Fusionen und Übernahmen können den Anlegern von Wandelanleihen hohe Erträge in die Kassen spülen: etwa durch Übernahmeschutz-Klauseln, Reduzierungen bis zur Fälligkeit („Pull to Par“) und schnellere Renditen.

Ausfallquote

Wir rechnen mit einer leicht steigenden Ausfallquote, entsprechend den Entwicklungen auf dem Markt für Hochzinsanleihen. Eine große Welle finanzieller Turbulenzen erwarten wir jedoch nicht. Sollte es zu einem Anstieg der Ausfälle kommen, wird dies wahrscheinlich nicht im Jahr 2023 geschehen: Ein großer Teil der 2020 und 2021 emittierten Titel wird erst nach 2025 fällig – und stammt von wenig oder gar nicht verschuldeten Unternehmen.

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