Befindet sich der US-Aktienmarkt in einer Blase?

4 min zu lesen 24 Sep. 25

Der US-Aktienmarkt hat in den letzten Monaten wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Zwar liegt der S&P 500 im laufenden Jahr in Euro nach wie vor rund 13 % hinter dem MSCI Europe zurück, in den letzten vier Monaten konnte der S&P jedoch um knapp 8 % aufholen. Ein wesentlicher Treiber war dabei – wie kann es auch anders sein – die starke Entwicklung des Technologiesektors und des Kommunikationssektors, die stark mit dem Megatrend künstliche Intelligenz (KI) in Verbindung gebracht werden. Beide Sektoren konnten in diesen vier Monaten alleine über 20 % zulegen.

Bewertungen so teuer wie seit der Dot.Com-Blase nicht mehr

Mit dem Anstieg der Aktienkurse sind auch die Bewertungen vieler Unternehmen in die Höhe geschnellt. So ist der S&P 500 heute so teuer wie seit der Dot.Com-Blase nicht mehr. Dieser Anstieg der Bewertungen erfolgte zudem in einer Phase steigender langlaufender Staatsanleiherenditen. Steigende Renditeniveaus wirken sich mathematisch betrachtet negativ auf die Bewertungen aus (bei konstanten Wachstumserwartungen), d. h. die Bewertungen sollten mit steigenden Renditeniveaus eigentlich unter Druck geraten. In den letzten Jahren ist jedoch genau das Gegenteil passiert. Dies lässt sich letztendlich damit erklären, dass der steigende Optimismus hinsichtlich der zukünftigen Gewinne den negativen Effekt der steigenden Renditeniveaus überkompensiert hat. Es ist derzeit also eine gehörige Portion Optimismus in den Kursen enthalten.

Die Grafik unten zeigt den Gewinnrenditeaufschlag des S&P 500 gegenüber den Renditen 30-jähriger US-Staatsanleihen seit August 1995. Innerhalb der letzten 30 Jahre war dieser Gewinnrenditeaufschlag die meiste Zeit positiv, mit zwei Ausnahmen – der Dot.Com-Blase und heute. 

Gewinnrendite des S&P 500 im Vergleich zum Renditeniveau 30-jähriger US-Staatsanleihen

Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.

Quelle: Refinitiv, 31. August 2025. *Gewinnrendite (= 1/KGV) auf Basis der erwarteten 12-Monats-Gewinne. **Gewinnrenditeaufschlag entspricht der Gewinnrendite minus Treasury-Rendite.

Situation heute nicht mit Dot.Com-Blase vergleichbar

Sowohl damals als auch heute war bzw. ist eine technologische Innovation (um nicht zu sagen Revolution) ein wesentlicher Treiber der Aktienmarktrally, mit dem Technologiesektor im Zentrum des Geschehens. So war damals die breite Einführung des Internets Auslöser der Euphorie, während heute das Thema KI für erhebliche Kursphantasie sorgt. Es bestehen jedoch auch entscheidende Unterschiede. So waren während der Dot.Com-Blase neben einigen Large-Caps oftmals auch kleinere und unprofitable Unternehmen aus dem Technologiesektor maßgeblich für die Kursexplosionen verantwortlich. Heute dominieren dagegen vor allem die Mega-Caps das Marktgeschehen rund um das Thema KI. D.h. die Marktkonzentration ist heute zwar deutlich größer, allerdings weisen die heutigen Marktführer deutlich stärkere Fundamentaldaten auf als die Marktführer der Dot.Com-Blase. Während sich die Kurse damals also von Fundamentaldaten entkoppelt hatten, wird die Marktrally heute zumindest teilweise von durchaus soliden Fundamentaldaten unterstützt.

Ein Beispiel: Der Aktienkurs von Cisco, ein damals bereits profitables Technologieunternehmen, schoss in den fünf Jahren bis zum absoluten Hochpunkt im März 2000 um spektakuläre 3.500 % in die Höhe. Zwar erzielte das Unternehmen in diesem Zeitraum ein durchaus beachtliches Gewinnwachstum, dieses lag mit kumulierten 390 % jedoch weit darunter. Im Vergleich dazu ist der Kurs von NVIDIA in den letzten 5 Jahren zwar ebenfalls um unglaubliche 1.600 % nach oben geschnellt, jedoch konnte das Gewinnwachstum mit rund 2.100 % in dieser Phase nicht nur mit dem Kursanstieg mithalten, sondern diesen sogar übertreffen. Zudem lag die Eigenkapitalrendite von Cisco im April 2000 bei 16 %, während die von NVIDIA heute bei über 100 % liegt. 

Auch das allgemeine Stimmungsbild war zur Jahrtausendwende eindeutig euphorischer als heute. Eine regelrechte Goldrauschstimmung bei neuen Börsengängen sowie eine Vielzahl an Kleinanlegern, die versuchten quasi über Nacht an der Börse reich zu werden, beherrschte das Marktumfeld. Wenn überhaupt, wäre die Stimmung während der spekulativen Phase zwischen 2020 und 2021, als die sogenannten MEME-Aktien, SPACs und gewisse Nischenthemen wie Wasserstoffaktien die Nachrichtenlage beherrschten, mit der Dot.Com-Blase vergleichbar, allerdings in deutlich begrenzterem Ausmaß. Von einer breiten Euphorie bezüglich des Aktienmarktes wie während der Dot.Com-Blase ist derzeit – vielleicht mit Ausnahme einiger weniger Einzeltitel – nicht wirklich viel zu spüren.

Bewertungssignale dennoch nicht ignorieren

Die Fallhöhe am US-Aktienmarkt und insbesondere im Growth-Segment ist nicht zu unterschätzen. Immerhin liegt die historisch durchschnittliche Bewertung des S&P 500 je nach Zeitraum (Zehn- oder Zwanzigjahresdurchschnitt) rund 20 bis 30 % unter dem heutigen Niveau. Sollten sich die Wirtschafts- und Fundamentaldaten plötzlich abschwächen, könnte der US-Aktienmarkt anfällig für eine durchaus schmerzhafte Korrektur sein. Im Falle einer weiterhin robusten US-Konjunktur, sind jedoch auch deutlich mildere Szenarien denkbar, in denen die Gewinne für eine gewisse Zeit einfach etwas schneller ansteigen als die Kurse und sich die Bewertungen auf diese Weise normalisieren. Anleger sollten sich vor diesem Hintergrund zwar nicht abschrecken lassen, allerdings gerade am US-Aktienmarkt mit einem gesunden Risikobewusstsein agieren.

Der Wert eines Investments kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass Preise steigen und fallen können, und Investoren bekommen möglicherweise weniger zurück, als sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst und nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Wertpapiers betrachtet werden.

Ähnliche Insights