Verbindlichkeitsprobleme: Warum Anleger ihre Engagements am US-Markt überdenken

12 min zu lesen 19 Nov. 25

In den letzten Jahren war der US-Markt der Favorit globaler Investoren. 2025 scheint sich die Begeisterung der Anleger für die USA jedoch abgekühlt zu haben. Eine sprunghafte Politik und Sorgen um die finanzielle Solidität des Landes haben das Vertrauen in die Ausnahmestellung der Vereinigten Staaten erschüttert. Gleichzeitig haben andere Regionen an Attraktivität gewonnen, insbesondere Europa. In diesem Artikel erörtern wir, weshalb Investoren derzeit ihr Engagement in US-Assets überdenken und ihre Portfolios besser diversifizieren wollen.

Seit Jahren sind Anleger von den USA fasziniert. Der Anziehungskraft der größten Volkswirtschaft und des größten Aktienmarkts der Welt konnte man sich kaum entziehen. Billionen von Dollar an ausländischem Kapital sind in die Vereinigten Staaten geflossen.

Die einseitige Ausrichtung dieser Investitionen zeigt sich in der Netto-Auslandsvermögensposition der USA. So besteht eine große Lücke zwischen dem Wert von US-Finanzanlagen in anderen Ländern und ausländischen Investitionen in den USA (Verbindlichkeiten).

Dank der globalen Dollarnachfrage konnten die USA von niedrigeren Zinsen als andere Länder profitieren, dauerhafte Handelsdefizite aufrechterhalten und eine dominante Position an den Finanzmärkten behaupten. Die Rolle des Dollars als weltweit führende Reservewährung wird auch als „außerordentliches Privileg“ der USA bezeichnet.

Für Aktienanleger hat sich die Begeisterung für die USA bislang als äußerst lohnend erwiesen: In den letzten Jahren haben US-Aktien weit höhere Renditen erzielt als Börsentitel in vielen anderen Ländern. Der S&P 500 Index stieg 2023 und 2024 um mehr als 20 %, vor allem aufgrund der Begeisterung für KI- und Technologieaktien.

„Die veränderte Stimmung hat viele Anleger dazu veranlasst, eine Reduzierung ihrer Positionen in den USA in Betracht zu ziehen.“

Der unaufhaltsam scheinende Kursanstieg am US-Aktienmarkt in Verbindung mit der robusten US-Konjunktur in Zeiten hoher Zinsen scheint zur Überzeugung von der „Ausnahmestellung der USA“ beigetragen zu haben. Als Donald Trump im November 2024 mit dem Versprechen von Steuersenkungen und Deregulierung wieder ins Weiße Haus gewählt wurde, war die Auffassung verbreitet, dass es keine Alternative zu Anlagen in den USA gebe.

Überzeugungen sind wichtige Treiber der Marktentwicklung – sie können Trends verstärken und die resultierenden Kursbewegungen können die Überzeugung untermauern. Allerdings brechen alle Trends irgendwann ab. Wenn das geschieht, können sich auch feste Überzeugungen verflüchtigen.

Im Laufe des Jahres 2025 wurde der Glaube der Anleger an die amerikanische Ausnahmestellung in Frage gestellt, und eine neue Überzeugung gewann an Bedeutung, nämlich die von der Abkehr von US-Anlagen.

Internationale Investoren stehen nun vor der Frage, ob sich die Gegebenheiten in den USA so grundlegend verändert haben, dass sie ihr bisheriges Engagement tatsächlich überdenken müssen. Die veränderte Stimmung hat viele Anleger dazu veranlasst, ihre in oft umfangreichen Positionen in den USA zu verringern und ihr Portfolio auf eine breitere Basis zu stellen.

Wie bei den meisten großen Themen ist die Antwort jedoch nicht eindeutig. Im Folgenden betrachten wir, welche Faktoren Investoren dazu veranlasst haben, ihre US-Engagements neu zu evaluieren.

„Wir müssen reden“

Ein sich wandelndes Makrobild in den USA

Die erste Bewährungsprobe für das Anleger-Engagement in den USA waren die unvorhersehbaren politischen Ankündigungen von Präsident Trump, insbesondere in Bezug auf Zölle. Die ursprünglich in Aussicht gestellten Einfuhrzölle wurden später korrigiert und verschoben. Anleger streben in der Regel nach Sicherheit, und der erratische Kurs der US-Regierung hat ihr Vertrauen erschüttert. Zudem haben Befürchtungen, dass Einfuhrzölle die Inflation anheizen und den Konsum belasten könnten, Sorgen hinsichtlich der makroökonomischen Lage geweckt.

Donald Trumps umfassendes „One Big, Beautiful Bill“ (Details auf Englisch) hat ebenfalls Zweifel an den wirtschaftlichen Perspektiven aufkommen lassen. Das Gesetz sieht sowohl Steuersenkungen als auch Ausgabenerhöhungen für Militär und Grenzschutz vor, wodurch die Staatsverschuldung der USA in den nächsten 10 Jahren um 3,4 Billionen US-Dollar steigen dürfte.1

Die Aussicht auf eine erhöhte Staatsverschuldung und höhere Zinskosten hat zur wachsenden Unsicherheit in Bezug auf die Haushaltslage der USA beigetragen. Die Staatsverschuldung der USA hat kürzlich die Marke von 37 Billionen Dollar überschritten, und laut Congressional Budget Office wird die Quote aus Schuldenstand und BIP in den kommenden Jahren voraussichtlich stetig steigen und bis 2055 ein Niveau von 156 % erreichen.2

Der Druck des US-Präsidenten auf die Federal Reserve, die Leitzinsen zu senken, sowie der Versuch, einen ihrer Gouverneure zu entlassen, hat unterdessen für Aufsehen gesorgt. Zusätzlich hat die Entlassung des Leiters des Amts für Beschäftigungsstatistik nach der Veröffentlichung enttäuschender Daten Fragen zur Integrität und Unabhängigkeit der US-Institutionen aufgeworfen.

Anfang 2025 stellte die Einführung eines hochmodernen KI-Modells von DeepSeek aus China die vorherrschende Vorstellung von der technologischen Überlegenheit der USA in Frage. Zudem warnten kürzlich die US-Wirtschaftsprofessoren Gordon Hanson und David Autor, dass China den USA in einer Reihe von Spitzentechnologien voraus sei und dass der „zweite China-Schock“ noch größer sein könnte als der erste, als China Anfang der 2000er Jahre zur Industriegroßmacht aufstieg.3

Die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft wurde in diesem Jahr auch durch Anzeichen für eine Abschwächung der Konjunktur und nachlassende Dynamik am Arbeitsmarkt in Frage gestellt. Zusammengenommen scheinen diese Faktoren das Vertrauen vieler Anleger in die Vorstellung von der US-Ausnahmestellung untergraben zu haben.

Konkurrierende Präferenzen

Der deutlichste Indikator dafür, dass viele Anleger ihre Präferenz für die USA überdacht haben, war die Abwertung des Dollars. In der ersten Hälfte des Jahres 2025 fiel der Dollarkurs gegenüber einem Währungskorb um fast 11 % – der größte Rückgang in so kurzer Zeit seit 1973.4 Diese Entwicklung ist besonders brisant, da die Wirtschaftstheorie (und verbreitete Anlegerprognosen) davon ausgingen, dass der Dollar im Zuge der Einführung von Zöllen hätte aufwerten müssen.

Neben wachsenden Zweifeln an den USA gab es in diesem Jahr Entwicklungen, durch die andere Märkte attraktiver geworden sind. Insbesondere Europa hat verstärkt die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich gezogen. So haben ein umfangreiches Konjunkturpaket in Deutschland und die Pläne zur Erhöhung der europäischen Rüstungsausgaben für Optimismus in Bezug auf die wirtschaftlichen Aussichten in der Region gesorgt.

Umschichtungen hin zu attraktiver bewerteten und als vielversprechender angesehenen Märkten führte dazu, dass Aktien aus Europa und den Schwellenländern (Emerging Markets) in der ersten Hälfte des Jahres 2025 eine Outperformance gegenüber ihren US-Pendants erzielten.

Da der Dollar und der US-Aktienmarkt hoch bewertet und anfällig für einen Rückschlag waren, scheint sich die Auffassung durchzusetzen, dass die USA nun weniger außergewöhnlich sind als bisher und dass andere Regionen mehr Aufmerksamkeit der Anleger verdienen. 

„Es scheint die Auffassung zu geben, dass die USA nun weniger außergewöhnlich sind als früher.“

„Es ist kompliziert“

Bewertung des US-Aktienmarktes

Was den Aktienmarkt betrifft, scheinen die Bedenken hinsichtlich der Politik und des Staatsdefizits in den USA jedoch keinen großen Einfluss darauf zu haben, wie Anleger US-Aktien einschätzen.

Nach schwachem Jahresauftakt hat sich der US-Aktienmarkt im Anschluss an den Aufschub der Importzölle kräftig erholt. So haben US-Aktien weiter zugelegt, obwohl ausländische Investoren begonnen haben, die Attraktivität Amerikas in Frage zu stellen. Infolgedessen liegt das Kurs/Gewinn-Verhältnis des US-Aktienmarktes derzeit deutlich über seinem Durchschnitt der letzten 20 Jahre.

Gewiss gibt es strategische Gründe, warum Aktienanleger sich dafür entscheiden könnten, ihr Engagement in den USA beizubehalten. Der größte Aktienmarkt der Welt ist enorm groß und hochliquide, US-Unternehmen sind besonders innovativ und erzielen meist höhere Gewinne als Firmen in anderen wichtigen entwickelten Ländern.

Außerdem gibt es in den Vereinigten Staaten eine etablierte Aktienkultur, in der Dividenden und Aktienrückkäufe große Bedeutung für die Anleger haben. US-Unternehmen mit ihrer Dynamik und ihrem überdurchschnittlichen Gewinnwachstum werden in der Regel zu höheren Bewertungen gehandelt als solche aus anderen Teilen der Welt.

Da der S&P 500 Index jedoch wieder auf einem Allzeithoch steht, könnte die historisch gesehen relativ hohe Bewertung des US-Marktes ein Grund zur Vorsicht für Anleger sein. Eine hohe Bewertung ist zwar an sich noch kein Grund zur Sorge, könnte jedoch die künftigen Renditen von US-Aktien im Vergleich zu anderen Regionen mit deutlich niedrigeren Bewertungen begrenzen. 


„Der größte Aktienmarkt der Welt wird im Wesentlichen von einigen wenigen Mega-Cap-Aktien dominiert.“

Konzentrationsrisiken

Viele globale Anleger sind möglicherweise stärker im US-Aktienmarkt engagiert, als ihnen bewusst ist – denn die USA machen über 70 % des MSCI World Index aus5. Das mag für die größte Volkswirtschaft der Welt angemessen erscheinen, tatsächlich ist die Streuung der dahinterstehenden Anlagen jedoch sehr gering.

Obwohl es sich nach Marktkapitalisierung um den größten Aktienmarkt der Welt handelt, wird er im Wesentlichen von einigen wenigen Mega-Cap-Aktien dominiert. Die 10 größten Aktien im S&P 500 machen derzeit rund 40 % des Index aus, so viel wie nie zuvor. Die größte darin vertretene Einzelaktie, der Halbleiterhersteller Nvidia, hat einen Anteil von 8 %.Die 10 größten Aktien tragen außerdem rund 30 % zum Gewinn des S&P 500 bei, was deutlich über dem historischen Niveau liegt.

Die dominierenden Titel – oft als „Magnificent Seven“ (oder „Mag 7“) bezeichnet7 – sind allesamt Technologieunternehmen. Ihre Gewinne und Aktienkurse wurden in letzter Zeit durch den Optimismus hinsichtlich des künftigen Wachstums im KI-Segment beflügelt.

Diese extreme Konzentration auf dem Markt ist deshalb von Bedeutung, weil die Mag 7 so groß geworden sind, dass sie überproportionalen Einfluss auf die Marktentwicklung haben. Man könnte allerdings argumentieren, dass sie auch überproportionalen Einfluss auf die US-Wirtschaft haben, wenn man berücksichtigt, wie viel Kapital sie in KI und Rechenzentren investieren.

So stark wie diese Aktien zum Anstieg des Aktienmarkts beigetragen haben, könnten sie ihn auch nach unten ziehen, wenn sich ihr Kurstrend umkehrt. Während die Dynamik im KI-Sektor derzeit extrem stark ist, kam es Anfang dieses Jahres zu einem Rückgang der Aktienkurse, als DeepSeek aus China den Konsens zur Dominanz der US-Technologie in Frage stellte. Für passiv in den USA investierte Anleger könnte ein starker Kursrückgang einer wichtigen Indexposition teuer werden.

KI wird voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen, und die entsprechenden Aktien scheinen für die Zukunft gut positioniert zu sein. Trotz der Attraktivität dieser KI-bezogenen Aktien sollte jedoch berücksichtigt werden, wie groß der Einfluss sowohl auf den US-amerikanischen als auch auf den globalen Markt ist.

Erweiterung des Horizonts 

Unter Risiko- und Diversifikationsaspekten könnten Anleger sich fragen, ob sie wirklich ein so hohes Engagement in einer so kleinen Gruppe von US-Aktien und speziell im KI-Bereich wollen. Eine Lösung könnte darin bestehen, nach Chancen unter den 493 Aktien im S&P zu suchen, deren Entwicklung regelmäßig von den Mag 7 überschattet werden, sowie unter US-Aktien außerhalb des Index.

Alternativ könnten Anleger ihren Horizont noch stärker erweitern. Wie bereits erwähnt, gibt es neben den USA noch andere Aktienmärkte, die in diesem Jahr floriert haben. In Europa beispielsweise sticht Deutschland hervor, während unter den aufstrebenden Volkswirtschaften die Märkte in Brasilien, China und Korea mit am besten abgeschnitten haben. So haben brasilianische Aktien bis Ende August um rund 18 % in lokaler Währung zugelegt, obwohl brasilianische Exporte mit einigen der strengsten US-Zölle belegt ist.

Für Investoren, die sich über Konzentrationsrisiken, politische Unsicherheiten und Bewertungen in den USA Sorgen machen, könnte es also sowohl in den USA selbst als auch auf dem globalen Markt lohnende Alternativen geben. 

Dauerhafte Verbindungen

Das Währungsproblem 

Der Rückgang des US-Dollars in diesem Jahr stellte für ausländische Anleger eine Belastung dar, da dadurch ein Teil der Rendite von auf Dollar lautenden Assets aufgezehrt wurde. Der S&P 500 Index hat in diesem Jahr um 10 % zugelegt, für Anleger mit Euro als Basiswährung ist die Rendite jedoch negativ (Stand Ende August).

Die Aussicht auf eine weitere Währungsschwäche, sei es aufgrund der steigenden Schulden oder höherer Inflation, könnte die Begeisterung für Investitionen in den USA dämpfen. Diese Situation erinnert an das berühmte Zitat des US-Finanzministers John Connally aus dem Jahr 1971, wonach der Dollar „unsere Währung, aber Ihr Problem“ sei.

Auf Basis des realen effektiven Wechselkurses war der Dollar zuletzt so teuer wie seit 2001 nicht mehr. In der Vergangenheit schwankte der Außenwert des Dollars, auf Phasen der Stärke folgten mehrjährige Schwächephasen. Möglicherweise geschieht dies erneut, auch wenn die Sorgen um einen „Tod des Dollars“ übertrieben sein dürften.

Ein wichtiger stützender Faktor für die Dollarnachfrage ist die Tatsache, dass er die Weltreservewährung ist. Zwar ist der Anteil des Dollars an den globalen Devisenreserven in den letzten 20 Jahren allmählich zurückgegangen, er ist jedoch nach wie vor die dominierende Reservewährung für Zentralbanken weltweit. Im Jahr 2025 machte der Dollar über 61 % der globalen Reserven aus und lag damit weit vor dem Euro (20 %) und dem japanischen Yen (6 %)8.

Der Dollar gilt nicht nur als Wertanlage, sondern hat auch eine dominante Position im globalen Finanzsystem inne. Zum Teil ist das darauf zurückzuführen, dass Amerika über die umfassendsten und liquidesten Finanzmärkte, die größte Volkswirtschaft (nominal9) und die am häufigsten verwendete Währung im globalen Handel verfügt.

In den letzten Jahren gab es Forderungen nach einer „Entdollarisierung“ – also einer Situation, in der andere Währungen eine größere Rolle in der Weltwirtschaft spielen und die Vorherrschaft der USA in Frage gestellt wird.

Eine mögliche Alternative zum Dollar ist der chinesische Renminbi. Obwohl sein Anteil am Welthandel wächst, scheint es Grenzen für die Akzeptanz dieser Währung zu geben, insbesondere aufgrund der Kapitalkontrollen in China sowie Zweifeln am politischen Regime und der Achtung der Eigentumsrechte.


„Die Sorgen um den „Tod des Dollars“ dürften übertrieben sein.“

Was die Währung im Euroraum betrifft, so sind die Euro-Finanzmärkte nicht groß genug, um den Dollar zu ersetzen. Zudem sind die Anleihemärkte in der EU auf die einzelnen Länder zugeschnitten und es herrschen unterschiedliche Handelsbedingungen. Unterdessen dürfte die Nachfrage nach anderen Währungen wie dem australischen Dollar und dem britischen Pfund nur marginal sein.

Daher dürfte die Dominanz des Dollars trotz einer allmählichen Erosion seines Status vorerst bestehen bleiben und für ausländische Investoren weiterhin ein Problem darstellen.

Ist es an der Zeit, Optionen zu prüfen?

Die Frage, ob Amerika nach wie vor eine Ausnahmestellung einnimmt und was dies für Anleger bedeutet, ist nicht einfach zu beantworten. Einerseits gibt es gute Gründe für Anleger, an den USA festzuhalten. So verfügt die amerikanische Wirtschaft über viele Stärken, und Investitionen in US-Aktien haben sich als erfolgreicher Weg bei der langfristigen Vermögensbildung erwiesen. 

Am US-Markt gibt es einige attraktive Unternehmen, die gut positioniert sind, um vom Wachstum im Bereich KI-Technologie zu profitieren. Allerdings ist das Bewertungsniveau am US-Aktienmarkt hoch, und die Wertentwicklung wird von einer kleinen Gruppe von Unternehmen bestimmt. Abgesehen von den Mag 7 gibt es Anzeichen dafür, dass einige auf den Binnenmarkt ausgerichtete Firmen infolge der sich abkühlenden Konjunktur unter Druck stehen.

Diese Faktoren könnten Anleger dazu veranlassen, sich stärker für Aktien außerhalb der USA zu interessieren, deren Bewertungen attraktiver sind.

Damit Nicht-US-Aktien im Laufe der Zeit aufholen können, müsste sich allerdings der Rückstand beim Gewinnwachstum der Unternehmen verringern. In der jüngsten Berichtssaison wurde für die im S&P 500 enthaltenen Firmen ein Gewinnwachstum gegenüber dem Vorjahr im zweistelligen Prozentbereich erwartet, während die Gewinne europäischer Unternehmen im Stoxx 600 Index voraussichtlich stagnieren werden.10

Möglicherweise werden die expansive Fiskalpolitik in Deutschland und erhöhte Verteidigungsausgaben in Europa die Unternehmensgewinne in den kommenden Jahren ankurbeln. Darüber hinaus könnten die laufenden Unternehmensreformen in Japan und Südkorea zum Gewinnwachstum in diesen Ländern beitragen, während die Schwellenländer von einem schwächeren Dollar und sich verbessernden Wirtschaftsaussichten profitieren könnten.

Obwohl US-Unternehmen ihre Vorzüge haben und einige der 493 Aktien jenseits der Mag 7 interessante Anlagekandidaten sein könnten, gibt es weltweit einige attraktive Optionen, mit denen Anleger ihre Portfolios diversifizieren können.

Verschuldung: Niemand ist vollkommen

Auf der Makroebene ist das Bild weniger klar. Die US-Wirtschaft hat sich als sehr robust erwiesen, aber die von Präsident Trump verhängten Einfuhrzölle könnten eine Belastung darstellen, da sie die Kosten für Verbraucher und Unternehmen erhöhen. Es ist derzeit noch zu früh für eine Prognose, aber es ist möglich, dass sich dadurch verstärkter Inflationsdruck aufbaut.

Da Trumps Steuerreformen in den kommenden Jahren zu einer Erhöhung der Staatsverschuldung führen dürften, könnte dies Anleiheinvestoren Anlass zur Sorge geben. Andererseits könnten die höheren Zölle tatsächlich zu höheren Staatseinnahmen führen: Schätzungen zufolge haben die neuen Zölle im laufenden Jahr bereits 88 Milliarden US-Dollar eingebracht.11

Sofern die Inflation in den kommenden Monaten moderat bleibt, könnten US-Staatsanleihen zudem attraktive reale (d. h. inflationsbereinigte) Renditen bieten. Darüber hinaus könnten sich Treasury-Papiere trotz derzeitiger Bedenken hinsichtlich der Verschuldung in einem wirtschaftlichen Abschwung gut entwickeln, wenn die Zinsen gesenkt werden.

Aus relativer Sicht scheinen sich die USA nicht wesentlich von anderen entwickelten Ländern zu unterscheiden, die mit ähnlichen Herausforderungen wie Verschuldung, Defiziten und einer alternden Bevölkerung zu kämpfen haben. Die einzige Ausnahme hier könnte Deutschland bilden.

Die Staatsschulden in den USA steigen zwar und sorgen bei einigen Anlegern für Skepsis, doch die anhaltende Dominanz des Dollars scheint für andere ein Grund zur Beruhigung zu sein. Die schwer vorhersehbare Politik der aktuellen Regierung in Washington und die Erosion institutioneller Normen könnten sich jedoch als Gefahr für die langfristige Entwicklung des US-Dollars erweisen.

Neubewertung der USA – ein differenziertes Bild

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Investoren ihr Engagement in den USA differenziert betrachten sollten. Einerseits gibt es einige offensichtliche Probleme in den USA – die teilweise auch andere Volkswirtschaften betreffen –, die Investoren dazu motivieren könnten, Chancen außerhalb der USA in den Blick zu nehmen und ihre Portfolios zu diversifizieren.

Andererseits gibt es auch überzeugende Gründe, dem US-Markt treu zu bleiben. Der legendäre Investor Warren Buffett hat einmal gesagt: „Wetten Sie niemals gegen Amerika.“ Die USA dürften auch weiterhin im Mittelpunkt vieler Anlageportfolios stehen. Für Investoren, aus deren Sicht sich die Chancen verschoben haben, könnte es jedoch an der Zeit sein, Umschichtungen in ihrer Allokation vorzunehmen und sich nach attraktiven Chancen anderswo umzusehen. 

Der Wert eines Investments kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass Preise steigen und fallen können, und Investoren bekommen möglicherweise weniger zurück, als sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst und nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Wertpapiers betrachtet werden.

Mitwirkende
Tristan Hanson, Co-Fund Manager, M&G Episode Macro Strategy
Stuart Canning, Co-Fund Manager, M&G Episode Macro Strategy
Stefano Amato, Fund Manager, M&G Asset Allocation team

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Mehr erfahren

1NBC News, „Trump's 'big beautiful bill' is projected to add $3.4 trillion to the debt, budget office says“, nbcnews.com, Juli 2025.
2Congressional Budget Office, „The Long-Term Budget Outlook: 2025 to 2055“, cbo.gov, März 2025.
3The New York Times, „We Warned About the First China Shock. The Next One Will Be Worse.“, nytimes.com, July 2025.
4Financial Times, „US dollar suffers worst start to year since 1973“, ft.com, 30. Juni 2025. 
5MSCI.com, August 2025.
6Financial Post. ‘The growing risk hidden in the S&P 500 and what investors can do about it’, (financialpost.com), August 2025.
7Die „Magnificent Seven“ sind Nvidia, Microsoft, Apple, Amazon.com, Meta Platforms, Alphabet und Tesla.
8LSEG Datastream/Fathom Consulting, März 2025.
9Preisniveaubereinigt (Kaufkraftparität) ist Chinas Wirtschaft um ein Drittel größer als die der USA.
10Financial Times, ‘Lessons from an upbeat US earnings season’, (ft.com), August 2025.
11The Budget Lab at Yale, „Short-Run Effects of 2025 Tariffs So Far“, budgetlab.yale.edu, September 2025.