DeepSeek, Trumps Zölle und europäische Aktien im Aufwind

3 min zu lesen 19 Feb. 25

Die Aktienmärkte sind stark in das Jahr 2025 gestartet. Weder der DeepSeek-Schock noch die von Donald Trump eingeführten Zölle konnten die Rally nachhaltig stoppen. Bemerkenswert ist, dass sich die europäischen Aktienmärkte seit Jahresbeginn bisher besser entwickelt haben als der US-Markt. Könnte dies ein Wendepunkt sein? Betrachten wir die Entwicklungen im Detail.

DeepSeek sendet Schockwellen durch den Technologiesektor

Wie aus dem Nichts tauchte Ende Januar die chinesische KI DeepSeek auf und stellte urplötzlich die optimistischen Erwartungen in Bezug auf stark steigende Infrastrukturausgaben für KI weltweit in Frage. Darüber hinaus weckte das neue innovative KI-Modell Zweifel an der Notwendigkeit der Hochleistungschips von NVIDIA für die Entwicklung von leistungsfähigen KI-Modellen. Infolge der Nachricht brachen die Kurse einiger Aktien ein, die als Gewinner des KI-Themas gelten, v. a. unter den Halbleiter- und KI-Infrastrukturunternehmen. Aber auch einige Energieversorger mussten teils drastische Kursverluste hinnehmen, da plötzlich mit einer geringeren Nachfrage nach Datenzentren und somit auch nach Energie gerechnet wurde. Einige prominente Opfer waren NVIDIA, ASML, Taiwan Semiconductors und Siemens Energy.

Aus unserer Sicht wird DeepSeek das Themenfeld KI jedoch nicht auf den Kopf stellen. Das sogenannte Jevon-Paradoxon dürfte auch hier wieder zum Tragen kommen, d. h. mit sinkenden Kosten für die Entwicklung von KI wird die Nachfrage nach KI so weit steigen, dass letztendlich noch mehr Rechenkapazitäten (Datenzentren) benötigt werden als ohne diese Kostenreduktion. Darüber hinaus dürfte die DeepSeek-Nachricht insgesamt eine gute Nachricht für die Wirtschaft und den Aktienmarkt sein, da es aus unserer Sicht deutlich mehr Gewinner als Verlierer dieser Entwicklung geben wird.

Tatsächlich blieben die Kursverluste auf einige Aktien aus dem KI-Themenfeld beschränkt. Zudem konnten sich die Kurse seitdem teilweise wieder erholen. Dennoch zeigt dieses Ereignis doch recht eindrucksvoll, dass man gerade bei neuen revolutionären Technologien wie KI immer wieder mit plötzlichen Innovationen und neuer Konkurrenz für vermeintlich etablierte Unternehmen rechnen muss.

Trump lässt seinen Worten Taten folgen

Kaum war der DeepSeek-Schock verdaut, kam Donald Trump mit drastischen Zöllen um die Ecke. 25 % für Mexiko und Kanada und 10 % für China. Das Inkrafttreten der Zölle für Kanada und Mexiko wurde zwar um 30 Tage verschoben, dennoch war die Nachricht ein Schock.

Im Gegensatz zu DeepSeek führte die Ankündigung der Zölle zu einem deutlich breiteren Abverkauf an den Aktienmärkten. Schließlich ist das Risiko eines globalen Handelskrieges, der die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen und auch die Inflation kurzfristig wieder anheizen könnte, plötzlich angestiegen. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass auch diese Nachricht relativ schnell von den Märkten verdaut wurde und sich der Aufwärtstrend nahezu ungehindert fortsetzte.

Ein Risikofaktor, den Aktienanleger im Auge behalten sollten

Wenn nicht einmal ein drohender Handelskrieg die Aktienmärkte schocken kann, was dann? Aus meiner Sicht sollten Aktienanleger vor allem die Renditen langlaufender Staatsanleihen im Auge behalten, insbesondere die 10- und 30-jährigen US-Treasuries. Sollten diese im Laufe des Jahres - aus welchen Gründen auch immer - über die 5 %-Marke in Richtung 6 % steigen, könnte es an den Aktienmärkten ungemütlich werden.

Europäische Aktien im Aufwind

Trotz des vorherrschenden Narrativs des sogenannten „US-Exceptionalism“ ist seit dem Jahresbeginn nicht der US-Aktienmarkt am stärksten aus den Startlöchern gekommen, sondern ausgerechnet Europa. Während der S&P 500 seit dem Jahresbeginn gerade mal um 3 % zulegen konnte, liegt das Plus in vielen Ländern Europas bereits bei über 10 %.

Wertentwicklung ausgewählter Aktienindizes seit Jahresbeginn, in % (EUR)

Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.

Quelle: Morningstar, 14. Februar 2025.

Wie kann es sein, dass Europa so stark gestartet ist, obwohl die Region in vielerlei Hinsicht als potentieller Verlierer gilt? Immerhin sind die Probleme in Europa nicht von der Hand zu weisen:

  • Das Wirtschaftswachstum lahmt seit geraumer Zeit (vor allem in Deutschland) und hinkt dem der USA deutlich hinterher.
  • Die großen neuen Technologien und Wachstumsthemen – allen voran das Thema künstliche Intelligenz – spielen sich weniger in Europa sondern vielmehr in den USA und China ab.
  • Europa wird von vielen Beobachtern als großes Bürokratiemonster gesehen, das viel zu träge und halbherzig an die großen Herausforderungen unserer Zeit herangeht.
  • Politische Unsicherheiten sind in vielen Ländern allgegenwärtig – u. a. in Deutschland, Frankreich und Österreich.
  • Die aggressive Zollpolitik von Donald Trump droht die ohnehin bereits schwächelnde Industrie in Europa weiter zu schwächen.

Die Tatsache, dass der europäische Aktienmarkt trotz der negativen Stimmung zuletzt so stark zulegen konnte, könnte darauf hindeuten, dass ein Großteil des Pessimismus und der Unsicherheiten bereits eingepreist ist. Ein weiterer Grund für die positive Entwicklung der europäischen Aktienindizes dürfte aber auch in der internationalen Ausrichtung vieler europäischer Unternehmen liegen. Immerhin erzielen viele führende Unternehmen einen durchaus großen Anteil ihrer Umsätze außerhalb Europas. Damit sind diese Unternehmen teilweise stärker von der Weltkonjunktur als von der europäischen Konjunktur abhängig.

Wenn der Markt trotz negativer Stimmungslage so stark steigt, was passiert dann erst, wenn die Stimmung allmählich besser wird? Der jüngste Anstieg der europäischen Aktienmärkte gibt jedenfalls Anlass zur Hoffnung. Anleger sollten sich jedoch bewusst sein, dass die Hoffnung auf bessere (oder weniger schlechte) Nachrichten allein nicht ausreichen dürfte, um die Kurse nachhaltig weiter steigen zu lassen. Zudem sind nicht alle Marktsegmente in Europa günstig. So sind beispielsweise Wachstumswerte auch in Europa teurer als im 20-Jahres-Durchschnitt. Günstige Anlagechancen finden wir dagegen vor allem bei den europäischen Substanzwerten (Value). Hier ist das positive Überraschungspotenzial bei einer allmählichen Verbesserung der Stimmungslage unserer Meinung nach besonders hoch.

Der Wert der Vermögenswerte eines Fonds kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen kann, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst werden.

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