Wie können Impact-Investoren mit negativen Auswirkungen umgehen?

11 min zu lesen 5 Juni 23

Fondsmanager müssen sich der unbeabsichtigten negativen Folgen ihrer Investitionen bewusst sein: Auch dann, wenn der Fonds auf Unternehmen fokussiert ist, die positive Beiträge leisten. Als Impact-Investoren müssen wir Maßnahmen ergreifen, die das Risiko negativer Auswirkungen unserer Investitionen proaktiv verringern. Und wenn in Randbereichen doch negative Auswirkungen auftreten können? Dann müssen wir intensiv mit den Unternehmen und anderen Stakeholdern zusammenarbeiten, um diese Themen aktiv anzugehen.

Müssen Impact-Investoren mit Fokus auf positive Beiträge bei ihren Anlagen unbeabsichtigte negative Nachhaltigkeitsergebnisse in Kauf nehmen? Also negative „Trade-offs“ oder externe Effekte? Oder können sie diese negativen Folgen durch ein bewusstes Management im Rahmen des Impact-Investment-Prozesses wirksam abmildern?

In diesem Beitrag gehen wir darauf ein, wie die Impact-Aktienfonds von M&G die Konzepte der „Nettoauswirkungen“ oder „Impact-Bilanz“ in den Impact-Investment-Ansatz einbeziehen. Zudem stellen wir dar, wie wir unsere Impact-Portfolios so managen, das wir potenzielle negative Auswirkungen möglichst vermeiden, minimieren oder abschwächen.

Positive Beiträge durch Lösungen anstreben

Jedes Unternehmen hat Auswirkungen – „Impacts“ – auf die Welt. Einfach ausgedrückt: Unternehmen können entweder zu gesellschaftlichen Zielen beitragen oder ihnen schaden. Investoren wiederum können in Unternehmen investieren, deren Beiträge unter dem Strich positiv oder negativ sind. Investitionen mit dem Ziel positive Auswirkungen zu erzielen, sind keine exakte Wissenschaft. Solide Prozesse, genaue Analysen und ein Fokus auf Beweise können jedoch dazu beitragen, dass positive Beiträge im Portfolio dominieren und negative Effekte vermieden werden.

Der Ansatz des Equity-Impact-Teams von M&G zielt auf Unternehmen, die signifikant und bewusst positiv zu wichtigen sozialen und/oder ökologischen Herausforderungen beitragen wollen: von Klimawandel und Umweltverschmutzung bis hin zu schlechter Gesundheit und sozialer Ausgrenzung. Die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens, seine Aktivitäten in der Gemeinschaft oder die Behandlung seiner Beschäftigten können eine gesellschaftlich positive Rolle spielen. Doch die größte Einflussmöglichkeit der meisten Unternehmen liegt woanders: Es geht um die Beiträge ihres Kerngeschäfts zur Bewältigung der großen globalen Herausforderungen. Beispiele dafür: Ein Unternehmen, dass die Erzeugung sauberer Energie als Kerngeschäft entwickelt, statt einfach nur seinen eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren; oder ein Unternehmen, das Zugang zu Kommunikationsmitteln bietet und so die wirtschaftliche Selbstbestimmung benachteiligter Gruppen fördert, statt einfach nur die Vielfalt im eigenen Vorstand zu verbessern.

Daher konzentriert sich unser Ansatz naturgemäß auf „Lösungsanbieter“. Wie identifizieren wir solche Unternehmen? Wir gehen von einer bestimmten Herausforderung aus, sei es die globale Erwärmung, übermäßiger Abfall oder mangelnder Zugang zu medizinischer Versorgung. Dann suchen wir nach Unternehmen, deren Kerngeschäft direkt mit diesen Herausforderungen zu tun hat. Wesentlichkeit oder „Signifikanz“ ist ein wichtiges Konzept für uns (und auch im Bereich des Impact Investing im weiteren Sinne). Daher suchen wir nach Unternehmen, bei denen der Großteil der Geschäftstätigkeit auf die betreffende Lösung ausgerichtet ist. In der Regel bemisst sich dies an den Umsatzanteilen.

Die Identifizierung von Lösungsanbietern, die wirklich positive Beiträge leisten: Dieser Teil unseres Ansatzes ist arbeitsintensiv, folgt jedoch einer klaren Logik. Wir wollen jedoch darüber hinaus noch etwas sicherstellen: Die Unternehmen in unseren Portfolios sollen keine signifikanten negativen Auswirkungen auf andere soziale oder ökologische Faktoren haben – weder heute noch in Zukunft. Dieser Blickwinkel vertieft unsere Analyse und stellt sicher, dass die Nettoeffekte bzw. Gesamtbeträge eindeutiger und stärker sind.

Berücksichtigung der „Nettoauswirkungen“

Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen entwickelt eine Lösung zur Bekämpfung des Klimawandels, fügt aber natürlichen Ökosystemen erheblichen Schaden zu. Oder nehmen Sie einen Hersteller lebensrettender Medikamente, der in seiner Lieferkette Zwangsarbeit hinnimmt. Ist das zu rechtfertigen? Wohl kaum. Konzeptionell betrachten wir dies als „Nettoauswirkung“ oder „Impact-Bilanz“. Dabei müssen die Auswirkungen der Unternehmen in unseren Portfolios insgesamt deutlich positiv sein, sodass die positiven Beiträge die minimalen negativen Auswirkungen eindeutig kompensieren.

Über eines müssen wir uns dabei im Klaren sein: Es gibt praktisch keine Unternehmen, deren wirtschaftliches Handeln keinerlei negative Auswirkungen hat. Wenn Firmen jedoch klar und authentisch darauf zielen, globale Nachhaltigkeitsherausforderungen anzugehen, minimieren sie ihre negativen Auswirkungen meist auf natürliche Weise. Oft sind sie auch auf andere Weise bereit, gemeinsam mit ihren Stakeholdern an einer Verringerung zu arbeiten. Wir bezeichnen diese Firmen als „Unternehmen mit positiver Nettoauswirkung“.

Doch diese „Saldierung“ der Auswirkungen sollte nicht als mathematische Gleichung betrachtet werden. Sie sollte auch keine Entschuldigung dafür sein, erhebliche negative Auswirkungen nur wegen der überwiegend positiven Beiträge hinzunehmen. Die „Saldierung“ ist dennoch ein nützliches Konzept. Man kann sich damit auf Unternehmen konzentrieren, deren Gesamtbeiträge überwältigend positiv sind. Zugleich kann man bewusst Bereiche mit Entwicklungs- und Verbesserungsbedarf ermitteln und daran arbeiten.

Umgang mit negativen Auswirkungen

Wie ermitteln, vermeiden oder steuern wir in unserem Impact-Investment-Ansatz die tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen? Dazu setzen wir einen mehrstufigen Prozess ein. Dieser ist Teil unseres „III“-Ansatzes („Triple I“), der sich auf Investitionen, Intentionen und Impacts konzentriert.

Triple I (III) Ansatz

Ausschlüsse

Der erste Schritt ist die Anwendung eines strengen Screenings. Auf dieser Grundlage können wir Unternehmen mit Aktivitäten ausschließen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit erheblichen Schaden verursachen. Das sind Unternehmen, die in von Natur aus nicht nachhaltigen Sektoren tätig sind – etwa Tabak, Alkohol oder der Gewinnung fossiler Brennstoffe; oder es sind Firmen, die gegen Normen und Standards für nachhaltiges und ethisches Wirtschaften verstoßen. Diese umfangreiche Ausschlussliste umfasst sowohl werte- als auch normenbasierte Kriterien und spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermeidung negativer Auswirkungen. Dies mag unser investierbares Universum einschränken, doch es minimiert unser Risiko negativer Auswirkungen und bringt unsere Investitionen mit den hohen Erwartungen unserer Kunden in Einklang.

ESG-Integration

Die ESG-Analyse ist ein zentraler Aspekt unseres Investitionsansatzes. Sie dient dazu, Nachhaltigkeitsrisiken zu erkennen und zu mindern. Durch die systematische Analyse potenzieller Anlagen entwickeln wir ein Verständnis für die Herausforderungen, denen das Unternehmen ausgesetzt sein könnte, und seinem möglichen Umgang mit diesen Risiken. Dabei analysieren wir nicht nur die Geschäftstätigkeit des Unternehmens. Wir betrachten auch seine Lieferkette, da sich hier manchmal gravierende Verstöße verbergen können. Wenn Unternehmen unsere Standards für das ESG-Risikomanagement nicht erfüllen, durchlaufen sie diese Phase des Prozesses nicht.

Tesla wäre ein Beispiel für eine transformative Lösung für das systemische Problem einer nicht nachhaltigen Mobilität. Die Firma hat jedoch bei unserer Analyse einer Reihe von ESG-Aspekten versagt, einschließlich Unternehmensführung und Nachhaltigkeit der Lieferkette. Die Umwelt- und Sozialaspekte von ESG sind sehr eng mit unseren Impact-Zielen verbunden. Doch auch unser Fokus auf die Unternehmensführung spielt eine entscheidende Rolle für das Verständnis eines Unternehmens: ob es um seine übergeordnete Mission geht; um die Anreize für die Geschäftsleitung, diese Mission zu verfolgen; darum, wie der Vorstand die Interessen der Aktionäre mit denen anderer Stakeholder in Einklang bringt; oder darum, ob die richtigen Kontrollmechanismen bestehen, um die Mission des Unternehmens effektiv zu steuern.

Analyse negativer Auswirkungen

Wir analysieren unsere Investitionen mit Blick auf ihre positiven Beiträge. Einen ähnlichen Ansatz wenden wir auch bei den negativen Auswirkungen an. Bei deren Bewertung betrachten wir die Umsätze, die aus den entsprechenden Aktivitäten erzielt werden. Auf die gleiche Weise bewerten wir, wie wesentlich die negativen Auswirkungen für das Geschäftsmodell des Unternehmens sind. Wenn die negativen Auswirkungen von Bedeutung sind, würde dies das Unternehmen als potenzielle Investition ausschließen. Einige Beispiele veranschaulichen dies:

  • Wir haben das finnische Mineralöl- und Kraftstoffunternehmen Neste analysiert. Es stellt sowohl Biodiesel aus nachwachsenden Rohstoffen her (eine Aktivität mit „positiven Auswirkungen“) als auch herkömmliche raffinierte Ölprodukte („negative Auswirkungen“). Die Produkte aus Biodiesel machen jedoch nur 25 % des Gesamtumsatzes aus. Daher haben wir Neste als Unternehmen mit einem negativen Netto-Fußabdruck bewertet. Eine weitere Möglichkeit zur Analyse ist die Bewertung des Netto-CO2-Fußabdrucks. In diesem Fall war die Bilanz des finnischen Unternehmens ebenfalls negativ: Als Folge der negativen Aktivitäten wird mehr CO₂ emittiert, als durch das Geschäft mit Biodiesel vermieden wird. Daher hat das Unternehmen unsere Impact-Prüfung nicht bestanden. Allerdings überwachen wir seine Impact-Bilanz weiterhin, da Neste sein Geschäft mit erneuerbaren Energien ausbaut.
  • Wir haben ausgewählte Finanzdienstleister aus Schwellenländern analysiert. Wir betrachten Erträge aus erschwinglichen Bankprodukten und Versicherungsschutz für einkommensschwache Kunden als positive Beiträge. Kreditvergaben für nicht nachhaltige Aktivitäten würden als negative Auswirkungen gelten – etwa für den Kohleabbau oder landwirtschaftliche Aktivitäten im Zusammenhang mit der Abholzung von Wäldern. Wir haben eine Reihe potenzieller Anlagekandidaten aufgrund des Engagements in letzterem Bereich ausgeschlossen.

Damit kommen wir zur Impact-Analyse, dem dritten „I“ unseres III-Ansatzes. Dabei konzentrieren wir uns neben der Bewertung der tatsächlichen auch auf potenzielle negative Auswirkungen oder Impact-Risiken. Wir verwenden dabei den vom Impact Management Project (IMP) entwickelten Rahmen. Dieser deckt neun verschiedene Arten von Impact-Risiken ab, die der Zielerreichung abträglich sein können. Diese reichen vom „Evidenzrisiko“ (unzureichende Daten zum Verständnis der Auswirkungen) über das „Ausführungsrisiko“ (Aktivitäten können nicht wie geplant durchgeführt werden) bis hin zum „Risiko unbeabsichtigter Auswirkungen“ (erhebliche negative Auswirkungen können auftreten).

Engagement

Als aktive Impact-Investoren setzen wir auf Engagement, um Verbesserungen der „Nettoauswirkung“ zu fördern und für Zusätzlichkeit („Additionalität“) zu sorgen. Indem wir mit den Unternehmen aus unseren Portfolios in Kontakt treten, können wir größere positive Beiträge fördern, eine umfassendere Offenlegung von Daten verlangen oder Schritte unternehmen, um potenzielle negative Auswirkungen zu steuern oder zu verringern. Zum Beispiel:

  • Wir sind mit Rockwool in Dialog getreten, einem Hersteller von mineralischen Dämmstoffen aus Steinwolle. Es hatte am Unternehmensstandort in Ranson (West Virginia) Proteste wegen Umweltverschmutzung durch die Anlagen des Unternehmens gegeben. Wir haben uns daraufhin mit dem Direktor für Nachhaltigkeit von Rockwool getroffen. Dabei haben wir eine bessere Offenlegung gefordert: hinsichtlich der Maßnahmen zur Problembehebung, der Prozesse zur Einbindung der Bevölkerung und der Überwachung der Luftqualität. Eine Untersuchung ergab, dass kein erkennbares Risiko für die öffentliche Gesundheit bestand. Rockwool hatte es jedoch versäumt, eine ausreichende risikobasierte Due-Diligence-Prüfung durchzuführen. Auch die örtliche Gemeinde hatte es in der Bauphase nicht angemessen einbezogen. Das Unternehmen ergriff dann eine Reihe von Maßnahmen: unter anderem veröffentlicht es auf einer öffentlich zugänglichen Website täglich Daten zur Luftqualität, es hat ein Online-Forum für die Anwohner eingerichtet, und es hält die Anwohner mit E-Mails und über soziale Medien auf dem Laufenden. Rockwool räumte auch ein, dass die internen Due-Diligence-Prozesse gestärkt werden müssen. Zudem entwickelt es ein umfassendes Programm zur Einbindung der Öffentlichkeit, um den Austausch mit den lokalen Gemeinden in Zukunft zu verbessern.
  • Den US-Abfallentsorger Republic Services haben wir aufgefordert, sich ein Ziel für Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu setzen. Wir haben es auch ersucht, sich bis 2030 ehrgeizigere Ziele zu setzen als eine Emissionsverringerung von 35 %. Das Unternehmen räumt seinem Ziel für 2030 derzeit Priorität ein. Es will die Emissionen durch die Elektrifizierung seiner Flotte von Sammelfahrzeugen und die Abscheidung von Methan aus Mülldeponien senken. In beiden Bereichen erhöht das Unternehmen seine Investitionen.

Warum ist das wichtig?

Unserer Meinung nach ist eine positive Impact-Bilanz ein wichtiger Aspekt jeder Strategie für wirkungsorientierte Investitionen. Es macht keinen Sinn ein gesellschaftliches Problem zu bekämpfen und dabei ein anderes zu verschärfen. Aus diesem Grund analysieren wir die tatsächlichen und potenziellen negativen Auswirkungen von Unternehmen. Dabei berücksichtigen wir auch die Impact-Risiken. Wir tun dies vor unseren Anlageentscheidungen, aber auch fortlaufend bei Unternehmen aus den Portfolios unserer Impact-Fonds.

Die Antwort ist jedoch nie einfach, und es ist unmöglich, alle negativen Auswirkungen zu vermeiden. Die Herstellung von Produkten von Klimalösungen führen beispielsweise zu Treibhausgasemissionen. Darum stellen wir uns andere Fragen: Wie bedeutend sind diese Emissionen? Was unternimmt das Unternehmen, um sie zu verringern oder abzumildern? Und werden sie durch die potenziellen Beiträge zur Emissionssenkung durch die Klimalösungen überkompensiert?

Durch diese Analyse können wir das Kapital auf Investitionen lenken, die messbar, gezielt und wirklich positiv zur Lösung der dringendsten Herausforderungen der Welt beitragen.

Der Wert der Vermögenswerte des Fonds kann sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen kann, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachten Ansichten sollten nicht als Empfehlung, Beratung oder Prognose aufgefasst werden.

von Ben Constable-Maxwell

Der Wert der Vermögenswerte des Fonds und die daraus resultierenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben.

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